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vom Ende des peh
Die Blaler
bis zum
Krieges
'0de Alexanders d.
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lnann als den chrakteristischen Grundzug der griechischen Kunst bezeichnet.
Ihr Streben muss dahin gerichtetsein, den Helden, der doch immer nur mit
menschlichen Formen bekleidet erscheinen kann, dadurch zum Helden zu machen,
dass sie ihm diese Formen in ihrer höchstenVeredelung, gereinigt von den
Schwachen und Zufälligkeiten des Menschlichen, zuertheilt und dadurch um so
unmittelbarer den Geist, die grosse gesetzte Seele hervortreten lässt, jenes Ethos,
welches die gesammte Thatigkeit auch noch bei der höchsten Erregung be-
herrcht. Ganz anders verfährt der Naturalist oder, wie ich ihn hier lieber nennen
möchte, der Realist: er geht nicht vom Ethos aus, sondern von den vfän, nicht
Von dem Geiste als dem einheitlichen, Alles bewegenden Mittelpunkte, sondern
von den Erscheinungen, welche das innere Leben, aber nicht blos der Geist,
Sondern jeder Trieb, jede Leidenschaft an dem äusseren Menschen hervorbringt,
also nicht von der Ursache, sondern von der Wirkung. Gewaltige Helden wird
er deshalb nicht anders darstellen zu können meinen, als dass er sie auch in
ihrer äusseren Erscheinung gewaltig auftreten lässt; gewaltige Thaten wird er
nicht zeigen ohne die Anstrengung, mit welcher sie vollbracht werden. Ihm
muss also mit der Grösse der That der körperliche Ausdruck derselben wachsen,
dem Idealisten der Geist, welcher die That beherrscht und die Kräfte zu ihrer
Vollbringung regelt. Michelangelo lässt die Atlanten an der Decke der sixtini-
sehen Kapelle, „die personificirten Kräfte des Gewölbes", wie man sie wohl ge-
nannt hat, unter dem Gewicht, welches auf ihnen lastet, fast erdrückt werden,
um zu zeigen, welcher Gewalt sie Widerstand zu leisten haben. Eine griechische
Karyatide trägt mit Leichtigkeit ihre Last, weil diese in derjenigen Lage auf
dem Körper ruht, in welcher sie den mindesten Aufwand von Kritften erfordert.
Ein Zeus, ein Herakles, wie wir sie aus den idealen Bildungen der griechischen
Kunst kennen, erscheinen gewiss jeder noch so ausserordentlichen Anstrengung
gewachsen; und doch hat der Künstler nie nöthig gehabt, in ihrer Darstellung
über die Grenzen der energischen, aber leidenschaftslosen menschlichen Natur
hinauszugehen. Im Moses des Michelangelo erkennen wir allerdings eine unge- 189
wöhnliche Energie, eine fast übermenschliche Kraft. Aber sie erscheint uns als
zu diesem Grade gesteigert durch die Gewalt des Zorns, der Leidenschaft, also
Ohne jenen geistigen Schwerpunkt, welcher jede Aeusserung selbst der ausser-
ordentlichsten Thatkraft in ihrem Gleichgewicht zu erhalten vermag. Ich fühle
sehr wohl, in wie vielen Beziehungen ein solcher Vergleich gerade zwischen '
Michelangelo und Werken antiker Kunst unpassend erscheinen mag. Dennoch
werden wir nicht leugnen können, dass in den Perioden der letzteren, in wel-
chen ein pathetisches Element und der Ausdruck verschiedener Affecte vorzu-
walten begann, manche Erscheinung wenigstens in ihren ersten Keimen sich
zeigt, welche eine Vergleichung mit dem gewaltigsten Künstler der Neuzeit wohl
zulässt. Kehren wir nun wieder zu den beiden Bildern des Theseus von Eu-
phranor und von Parrhasios zurück, so wird uns der mit Rosen genährte Held
des letzteren an den jugendlichenHeros erinnern, welcher in Athen wegen seineri
fast mädchenhaften Erscheinung sogar der Verspottung nicht zu entgehen ver-
mochte. Wie aber dieser im Stande war, den Spott durch seine Thaten zu wider-
legen, so wird auch sein Bild in Form und Ausdruck denjenigen Adel gezeigt
haben, an welchem wir den wahren Helden am sichersten zu erkennen vermögen.