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Die Maler.
wir jedoch keineswegs zu weit und zu allgemein fassen. Ja wenn man daneben
dem Nikophanes auch noch erhabene Würde und einen hohen Ernst der Auf-
fassung beilegen wollte, indem man bei Plinius von den Worten „cothurnus
ei et gravitas artis" die Fortsetzung des Satzes „multurn a Zeuxide et Apelle
abest" durch die Interpunktion ablöste und mit dem folgenden „Apellis disci-
pulus Perseus" verband, so liess man dadurch Plinius geradezu Widersprechen-
des aussagen. Denn diese Eigenschaften schliessen die unmittelbar vorher ge-
priesenen förmlich aus, da z. B. Cioero 1) von sententiae non tam graves et se-
verae, quam venustae et concinnae sprechen darf. Das Bekenntniss aber, dass
sie ihm fehlen, kann in dem Zusammenhange des ganzen Urtheils weniger für
einen Tadel gelten, als für eine schärfere Begrenzung jenes Lobes der Eleganz
und Anmuth; und in der That gewinnen wir auf diesem Wege ein lebendigeres
Bild von der Persönlichkeit des Künstlers, einer Persönlichkeit, für welche es
157 keineswegs an Analogien in der Kunstgeschichte fehlt. Auf eine, nemlich die
des Bildhauers Kallirnachos, glaube ich mit besonderem Nachdrucke verweisen
zu dürfen. Denn ihm, der wegen seiner übertriebenen Sorgfalt sogar berüch-
tigt wurde, war ebenso, wie dem Nikophanes, jene zierliche Anmuth (Äsmrörryg
xat Xoiptg) eigen, Welche den einen, wie den andern zu einer freieren und gross-
artigen Entfaltung ihrer Kunst nicht gelangen liess, so verdienstvoll ihre Werke
in der Durchführung sonst sein mochten.
Schon bei Gelegenheit des Pausias wurde erwähnt, dass Polemo?) den
Nikophanes unter den rrogvoypdqiot anführt. Wenn wir nun diese Bezeichnung
von einer tadelnden Nebenbeziehung nicht freisprechen können, so werden wir
auch keinen Anstand nehmen, mit Wyttenbach bei Plutarch 3) den Namen des
Chaerephanes, als eines Malers, welcher dxoÄdorovg öiuliag yvvatxoäv rrgdg
dwöoag gemalt, in den des Nikophanes zu verändern. Denn da in demselben
Satze von Timomachos, Theon, Parrhasios, also Künstlern ersten Ranges, die Rede
ist. so können wir in dieser ausgesuchten Reihe als vierten einen Unbekannten
um so weniger dulden, als sich Nikophanes, ein Künstler von anerkanntem
Rufe, ohne Schwierigkeit an seine Stelle setzen lasst, sowohl der äusseren
Namensverwandtschaft Wegen, als besonders auch deshalb, weil die bei Plutarch
erwähnte und nicht eben vielen gemeinsame Richtung der Kunstthätigkeit ge-
rade dem Nikophanes noch durch ein anderes Zeugniss belegt wird.
An diese Maler, welche den eigentlichen Kern der sikyonischen Schule
bilden, schliessen wir wegen der Gemeinsamkeit des Vaterlandes noch die
folgenden an:
Eutychides
von Plinius unter den Künstlern zweiter Ordnung angeführt malte ein von Vic-
toria gelenktes Zweigespann: 35, 141. Wahrscheinlich ist er identisch mit dem
bekannten Bildhauer, einem Schüler des Lysipp.
Arkesilas,
Sohn des Tisikrates, welcher letztere ebenfalls der Schule des Lysipp angehörte,
Brut.
Bei
X111,
Athenaeus
567
De
aud.
Poet.
18 A.