Vorrede.
es nicht zu verwundern, dass sie im ersten rXugenblit-lze das Urtheil des
Lesers, wenn nicht ungläubig, doch unvorbereitet fand. Die Kritik ver-
langt, ehe sie sich zur Pritfung des Einzelnen aiufgeferdert fühlt, gewisser-
lnaassen die moralische U eberzeugung von der Richtigkeit des Ctrundprincips
in der Behandlung" des Ganzen. Diese vermag freilich in vollem Maasse
nur durch eine selbständige Nachprüfung gewonnen zu werden; ein all-
gemeiner Gesichtspunkt jedoch, der wohl geeignet ist, ein günstiges Ver-
urtheil zu erwecken, darf auch an dieser Stelle hervorgehoben werden: die
Methode der Forschung nämlich ist (lurchaus (lieselbe, welche in der Ge-
schichte der Bildhauer befolgt werden ist. Sie ist aber nicht von diesen
auf die lllaler übertragen, sondern sie hat sich mir bei der ersten Bearbei-
tung der letzteren und aus dieser selbst heraus gebildet. Wenn sie sich
daher später an den Bildhauern bewahrte, so ist dies gewiss das beste Zeug-
niss für die Richtigkeit ihrer Grundlagen; und es kann sich demnächst nur
um die Richtigkeit in dem Maassc ihrer Anwendung handeln. Auch in
dieser Beziehung sei es mir gestattet zu sagen, dass ich der Cteftthr, die
Grenzen wissenschaftlich berechtigter Hypothese zu überschreiten, mir wohl
bewusst und darum bestrebt gewesen bin, sie nach Kräften zu vermeiden.
Wenn dabei die einfachste Lösung schwieriger Probleme sich stets auch auf
die einfachste und ungezwungenste Weise in den Organismus des Ganzen
einfügte, wenn namentlich durch die Betrachtung der einzelnen Erscheinungen
sich eine stete Wechselbeziehung zwischen dem Entwieklungsgange der Bild-
hauerei und Malerei herausstellte, so war (ladureh mir selbst ein Maass-
stab dargeboten, an dem sich die grössere oder geringere Wahrscheinlich-
keit der einzelnen Hypothese mit einiger Sicherheit prüfen liess. Mag also
(ler Versuch, die Geschichte der Maler systematisch und im Zusammenhange
zu entwickeln, auf den ersten Blick gewagt erscheinen, so hege ich doch
die Zuversicht, (lass gerade eine eingehendere Kritik ihn als in den Haupt-
zügen nicht verfehlt anerkennen wird.
Ueber das Verhaltniss der übrigen Künstlerklassen zum ursprünglichen
Plane dieses Buches ist sowohl in der allgemeinen, als in den betreffenden
einzelnen Einleitungen gesprochen werden. Der Sammlung und Sichtung'
des Materials, worin fast durchgiftngig die Hauptaufgabe bestand, habe ich
mich allerdings mit möglichster Sorgfalt unterzogen; doch war namentlich.
der Wechsel des Wohnorts der Gleichmassigkeit in der Benutzung der litte-
rarischen Hülfsmittel vielfach nachtheilig, und zu meiner eigenen Recht-
fertigung habe ich daher Anführungen von Schriften, deren Einsicht mir
nicht vergönnt war, durch eckige Klammern bezeichnet. Hinsichtlich der
Gemmenschneider bemerke ich ausserdeni, dass von Abdrücken mir nur die
Stoschische Sammlung fortwährend zur Hand war, von der Cadeäschen nur
ein die wichtigsten Inschriftensteine erhaltender Auszug, wahrend ich die
gresse Sammlung; in so umfassender Weise zu benutzen, wie ich gewünscht