Bildhauer.
Aufschlüsse gewähren, wie die noch erhaltene Giebelgrulape über die aeginetische;
und dieses um so weniger, wenn wir nicht im Angesicht des Originals, sondern
nach Abbildungen 1) urtheilen sollen, indem dieselben fast nie die Eigenthüm-
lichkeiten des Originals vollkommen treu wiedergeben. Es kann sich daher
einzig um einen Versuch handeln, einige Gesichtspunkte für eine bestimmte
Charakteristik aufzustellen, deren Umgestaltung ich mir selbst Vorbehalte, sofern
die Anschauung des Originals mich später eines Besseren belehren sollte.
Das Relief zeigt uns einen Krieger in strenger Haltung. Der linke Fuss
109 ist etwas vor den rechten vorgesetzt, steht aber nicht auswärts, sondern in
paralleler Richtung mit diesem. Die Rechte hängt am Körper anliegend ruhig
herab, während die Linke, bis zur Höhe der Schulter gehoben, die auf den Boden
gestützte Lanze hält. Die Bekleidung besteht aus einem kurzen, in regel-
massige Falten gelegten Untergewande, darüber ein von Achselklappen ge-
tragener Brustharnisch, an dem sich Linterhall) des Nabels eine doppelte Lage
breiter, senkrecht herabhängender Streifen anschliesst. Die Beine vom Knie
abwärts sind mit Schienen geschützt; den Kopf endlich deckt ein Helm, welchen
nach Stephanfs Meinung ein jetzt fehlender inetallener Aufsatz schmückte.
Wagner hat auf die staunenswerthe Naturwahrheit in der Bildung der
einzelnen Theile an den aeginetischen Giebelstatuen aufmerksam gemacht. Und
in der That scheint das Hauptverdienst und das vorzüglichste Kennzeichen dieser
Werke in dem genauen Studium, der getreuen Nachahmung der Natur an allen
einzelnen Theilen zu bestehen. Dieses Verdienst vermögen wir dem Werke des
Aristokles nicht zuzuerkennen. Allerdings zeigen die Beinschienen eine sehr
ins Einzelne gehende Behandlung und eine sehr scharfe Formenbezeichnung.
Allein hier handelt es sich um Schutzwaffen, die sich durch ihre eigene
Elasticität am Körper festhalten sollen, und also namentlich da, wo sich
verschiedene Muskeln von einander sondern, fest anschliessen müssen. Bei
dem Brustharnisch dagegen hat der Künstler die einzelnen Formen des
pers anzudeuten so gut wie ganz unterlassen. Denn dieses Stück der Rüs-
tung wird vermittelst der Klappen, welche vom Rücken nach der Brust her-
übergezogen sind, von den Schultern getragen. Das Maass der Naturwahr-
heit dürfen wir also nur nach der Behandlung der nackten Theile beurtheilen.
Unter diesen fällt der herabhängende Arm am meisten in die Augen. Aber
Weder auf der Fläche, WO man allerdings in dem Mangel an Rundung des Re-
liefs eine Entschuldigung finden könnte, noch in den Umrissen, finden wir hier
irgendwie feinere Andeutungen der einzelnen Formen. Gerade die Handwurzel,
wo die Natur am meisten zu detaillirten Angaben der Formen einladet, ist
einer der mangelhaftesten Theile des ganzen Werkes. Aehnlich ist es bei den
Füssen; beim Schenkel scheint sogar die Angabe der Irlauptverhältnisse ver-
fehlt, indem derselbe sich nach oben zu einer unverhältnissmässigen Breite
110 ausweitet, und dadurch denjenigen Theil des alten lllaratlionkämpfers in seinen
Massen verkürzt, den uns Aristophanes als ganz besonders mächtig schildert.
Vorn aber verschwindet die ganze Bogenlinie des Unterleibes gänzlich und
scheint sich ohne Unterbrechung an den Umriss des Schenkels anzusetzen.
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