Grössere
Ausbreitung und Streben nach freier Entwickelung,
m O1.
Stoteles 1), dass in Tarent in Folge der Besiegung und Tödtung vieler Aristo-
braten durch die Japygier (Yvfrzvyag iWsoaomiovg nennt sie Herodot) kurz nach
den Perserkriegen die Aristokratie der Demokratie weichen musste; und Strabo 2)
bemerkt, dass die Tarentiner einst übermächtig gewesen seien, als sie demo-
kratisch regiert wurden. Auf diese Zeugnisse hin lässt sich wohl die Ver-
muthung wagen, dass trotz der grossen Verluste der Staat durch die veränderte
Verfassung nicht nur neue Kräfte, sondern sogar bald wieder ein Uebergewicht
über die Messapier erlangt habe. War dies der Fall, so mussten, je grösser
die Gefahr gewesen, nach wieder erlangtem Siege die Geschenke für die Götter
um so glänzender sein. Zuerst wurden etwa die Peucetier besiegt, denen die
Japygier unter ihrem Könige Opis Hülfe leisteten, wie in den Werken des Onatas
dargestellt war. Bald nachher mochte dann die förmliche Unterjochung der
schon geschwächten Japygier-Messapier erfolgt sein, auf deren Verherrlichung
sich die Bronzestatuen von Reitern und gefangenen Frauen, die Werke des
Ageladas, bezogen. Diese ganze Darlegung kann freilich nur den Werth einer
Vermuthung in Anspruch nehmen; doch ist sie immer noch wahrscheinlicher,
als die Annahme, dass die YVeihgeschenke vor die grosse Niederlage zu setzen
seien. Denn die ganze Art der Kriegsführung einige Zeit vorher, die sich
nach Diodor auf einzelne Anfälle, Plänkeleien und Raubzüge beschränkte,
scheint für die Aufstellung so bedeutender Kunstwerke keine hinlängliche Ver-
anlassung zu bieten. Man hat entgegnen wollen, dass nach der Niederlage die
Tarentiner im Bunde mit den Dauniern und Peucetiern Heraklea gegen die
Messapier beschützten. Allein ich weiss nicht, nach welchen Zeugnissen dieser
Kampf gerade in diese Zeit fallen -soll. Strabofs iVorte 3) wenigstens liefern
dafür keinen Beweis, während wir aus ihm sehen, dass Kriege zwischen Mes-
sapiern und Tarentinern häufig wiederkehrten.
Ueber die von Einigen angenommene gemeinschaftliche Thätigkeit des
Onatas und Polygnot um Ol. SO soll weiter unten gesprochen werden. Der 91
Höhepunkt der Thätigkeit des Onatas aber fällt nach allen übrigen Nachrichten
in die 78ste Olympiade. YVie lange er nachher noch arbeitete, und ob er den
Fall seines Vaterlandes Ol. 80, 3 überlebte, sind wir zu bestimmen ausser Stande.
Die Werke des Onatas theilen sich nach den Gegenständen der Darstellung
leicht in drei Klassen: Bilder von Göttern, Heroen, und geschichtlichen Personen.
Unter den Götterbildern ist das eigenthümlichste gewiss:
i) Die Demeter Melaena bei Phigalia in Arkadien. Dort befand sich
in alter Zeit ein Holzbild, welches Pausanias (VIII, 4-2, 4-) nach den Berichten
der Phigalier also beschreibt: „Die Göttin sass auf einem Steine und war von
weiblicher Bildung, mit Ausnahme des Kopfes. Kopf aber und Haar hatte sie
von einem Pferde; Bilder von Schlangen und anderem Gethier waren an dem
Kopfe angewachsen. Sie war mit einem Rock bis auf die Fussspitzen herab
bekleidet; in der einen Hand hielt sie einen Delphin, eine Taube in der andern."
Die Veranlassung dieser absonderlichen Bildung" verschweigt Pausanias absicht-
lich und sagt nur, sie heisse Melaena, die schwarze, weil sie ein schwarzes
Kleid habe. Dieses Bild verbrannte und die Erneuerung desselben, so wie die
1) Polit. V, 2) VI, p. 280. 3) VI, p. 281.
Brunn, Geschichte der griechischen Künstler. 2. Aufl.