Die
griechische
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Kunst
Zeit
imischen
Herrschaft.
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nismus im menschlichen Körper vor unseren Augen auszubreiten. YVie dem
auch sei, immer war es die Absicht, in der Ueberwindung bedeutender Schwierig-
keiten zu glänzen, welche den Künstler zu der von ihm gewählten Auffassung
seines Gegenstandes vorzugsweise bestimmt hat.
Dieses Streben nach Effect, welches wir in ganz gleicher Weise an den
rhodischen Künstlern beobachtet haben, stand aber bei diesen im engsten Zu-
sammenhange mit der sonstigen Eigenthümlichkeit ihres künstlerischen Schaffens
und Arbeitens. Ihre Werke waren nicht die Erzeugnisse eines einfachen poeti-
schen Gedankens, der, in einem Momente der Begeisterung klar erfasst, sofort 580,
in dem Marmor feste Gestalt angenommen hatte; es war vielmehr mit der fein-
sten und berechnetsten Ueberlegung alles abgewogen, was dem Werke zum
Vortheil oder zum Nachtheil gereichen konnte. Die Durchführung des Einzelnen
aber bertihte auf einem gründlichen, zuweilen vielleicht sogar einem gelehrten
Studium aller Formen des menschlichen Körpers. Es wird nicht nöthig sein, in
Betreff des Fechters nochmals auf das Berechnete der Gegensätze in der ganzen
Anordnung einzugehen. Wohl aber verdient hier dieeEigenthümlichkeit der
formellen Behandlung eine aufmerksamere Betrachtung.
Beginnen wir mit der Technik, so bemerken wir am Fechter, ähnlich wie
am Laokoon, etwas Gesuchtes, in sofern die Meisselstriche meist nicht durch
Feilen und Glätten zu einfacheren Flächen verarbeitet sind 1). Selten jedoch
finden wir die einfachen, langen Striche, welche am Laokoon, so viel wie
möglich, von dem einen Ende der Form zum andern ununterbrochen fortgeführt
sind und dadurch schon äusserlich eine grosse Deutlichkeit und Uebersicht-
lichkeit gewähren. Vielmehr verrath sich in dem häufigeren Absetzen des
Meissels eine gewisse Aengstlichkeit und ein Streben, durch vielfaches Nach-
bessern alle etwaigen Unvollkommenheiten der ersten Anlage so viel, als möglich,
zu tilgen. Dies mag zum Theil seinen Grund darin haben, dass dem Künstler
die Sicherheit der Hand fehlte, um den Meissel in einem einzigen langen Zuge
über die feine Schwingung einer Form hinwegzuftihren. Aber eben so sehr
kann es veranlasst sein durch den Mangel eines sicheren Bewusstseins dessen,
was die Hand erst darstellen soll, den Mangel des natürlichen, unmittelbaren
Verständnisses der Form selbst; und in dieser Auffassung muss uns die Be-
trachtung des Werkes selbst nur bestärken. Denn untersuchen wir die Bildung
jeder Form für sich allein, so werden wir die elastische Schwellung und Span-
nung der Muskeln schon deshalb nur unvollkommen ausgedrückt finden, weil
zur Erreichung dieses Verzuges die Fläche überall von eben so elastischen, fein
geschwungenen und nicht gebrochenen Linien umschrieben sein müsste, wie
sie nun einmal die vom Künstler angewendete Technik nicht gewährt. Eben 5st
so vermissen wir trotz der scharf bezeichneten Begrenzung aller Formen die
Feinheit und Sauberkeit in den Umrissen, sowie in den Ansätzen das zarte
und allmählige Entstehen und Verschwinden. Namentlich erscheinen einige
Adern, welche an die Oberfläche treten, aus diesem Grunde fast wie ausser
Zusammenhang und äusserlich aufgeklebt. Aber auch zwischen den meisten
Muskeln fehlen die zarteren Verbindungen und Uelaergänge; und wenn wir dem
1) Ich urtheile nach einem Gypsabguss, der allerdings nicht überall zu einer sicheren
Exitscheidung ausreicht.