Volltext: Die Bildhauer (Bd. 1)

Die 
ldhauer. 
tischen Kanon gearbeitet gewesen wären, der jede Form nach ihrem relativen 
Maasse fest bestimme. So berichteten ihm die aegyptischen Priester; er selbst 
hatte das Werk nicht gesehen: sivou. 8' aiirö läyovor wird rd nÄsZarov vragsiupepäg 
101g Aiyunriorg, und seine Gewährsmätnner aller Wahrscheinlichkeit nach eben 
so wenig. Nehmen wir dazu die innere Unwahrscheinlichkeit, um nicht zu 
sagen, Unmöglichkeit des beschriebenen Verfahrens, so sind wir gewiss zu der 
Frage berechtigt, 0b der ganzen Erzählung nur irgend etwas Wahres zu Grunde 
liege. Dass das Bild Teig yäv Xsfpag 5x01: nagarsragiäißag, rct (vs oxälr] drauße- 
(byxöra gebildet sein sollte, genügt zum Beweise aegyptischen Ursprungs noch 
keineswegs. XVir sehen daraus nur, dass es in alterthümlich strenger Weise 
37 gefasst war, woran auch sonst niemand zweifeln würde: etwa in der Weise des 
Apollo von Tenea (Mon. dell' Inst. IV, t. 44). 
Nehmen wir alle diese Nachrichten zusammen, so sind wir allerdings nicht 
im Stande, aus ihnen einen bestimmten Styl dieser Künstler nachzuweisen. 
Wohl aber müssen die bedeutenden technischen Fortschritte unsere Aufmerk- 
samkeit auf sich ziehen, durch die Theodoros noch mehr als Rhoekos seinen 
Ruhm begründet hat. Ihm legt Plinius (7, 198) noch ausdrücklich die Er- 
findung des Winkelmaasses, der Richtwage, der Drehbank, des Schlüssels bei. 
Den Nutzen der Drehbank erprobte er bei den Säulen des Labyrinthe. Glän- 
zend beseitigte er die localen Hindernisse bei der Anlage des ephesischen Tem- 
pels. Eigenthümlichkeit verräth auch die Skias in Sparta. Endlich ist wohl 
die Nachricht, dass er über den Tempel der Hera zu Samos geschrieben habe, 
nicht gänzlich zu verwerfen, wenn auch immerhin seine Aufzeichnungen nicht 
mehr, als eine Art Grundriss nebst Angabe der Verhältnisse und Maasse in 
Zahlen enthalten haben mögen. In dieser Ausdehnung ist aber eine schrift- 
liche Ueberlieferung für die Entwickelung und gleichmässige Fortbildung einer 
Kunst, die nicht, wie die Sculptur, von einfacher Nachahmung der Natur aus- 
geht, sondern für ihre Zwecke erst die Formen erfinden muss, selbst in so alter 
Zeit mit Nothwendigkeit vorauszusetzen. Wir betrachten daher Theodoros als 
den ersten uns bekannten Künstler, der, wenn auch zunächst zu durchaus 
praktischen Zwecken, seine eigenen Erfahrungen den nachfolgenden Künstlern 
durch schriftliche Aufzeichnung nutzbar zu machen gesucht hat (vgl. unten in 
dem Abschnitt über die Architekten). 
Bewundernswerth erscheint es ferner an Theodoros, wenn er nicht minderen 
Ruhm, als durch seine architektonischen Werke, auch durch Metallarbeit er- 
wirbt. Die verschiedenen von einander unabhängigen Erwähnungen lassen keinen 
Zweifel darüber, dass er hier im Kleinsten und Feinsten, wie im Grossen gleich 
gewandt war. Es wird dadurch nicht unwahrscheinlich, dass bei der Erfindung 
des Erzgusses das Hauptverdienst ihm gebührt. Dieser Fortschritt aber ist bei 
Weitem der wichtigste, welchen die griechische Kunst den beiden Samiern ver- 
dankt; seine Bedeutung zeigt sich sehr bald durch den Erfolg; denn während 
die ältere Art der Metallbearbeitung, durch Treiben, Löthen, Niethen, wenigstens 
38 für künstlerische Zwecke immer mehr ausser Anwendung kommt, finden wir 
im Beginn der nächsten Epoche die Kunst des Erzgusses über ganz Griechen- 
land verbreitet. In Samos selbst hatten indessen Theodoros und Rhoekos keine 
Nachfolger von Bedeutung. Wir wenden uns daher nach einer benachbarten
	        
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