Bildhauer.
laildung" um so weniger nöthig zu haben, von dem einmal angenommenen Ideal
der Schönheit abzugeben. Ja selbst die Malerei wagt es kaum, von dem Ge-
brauche der Sculptur abzuweichen: Polygnot malt in der Nekyia zu Delphi das
Bild des Memnon; aber, um ihn als König derAethiopen zu bezeichnen, giebt
er ihm nicht die Bildung dieses Volkes, sondern als ein reines Parergon setzt
er einen Aethiopenknaben zu seinen Füssen, doch wohl, weil er die geistige
Bedeutung des Könige in dem fremden Tyfpus darzustellen nicht wagen mag.
Als nun aber Alexander bis tief in Asien vordrang und mit Völkern aller Art
in Berührung kam, da, sollte man glauben, hätte sich doch die Barbarenbildung
wie von selbst ergeben müssen. Allein unter den Werken des Lysipp und
seiner Schule, welcher diese Aufgabe am nächsten lag, finden wir nichts, was
darauf "hindeutete. Die Beiterschaar vom Granikos bestand aus Griechen; sie
war ein Ehrendenkmal für die Gefallenen, keine eigentliche Schlachtscene. Denn,
um es nur ganz scharf auszusprechen, die eigentlich historische Kunst war auch
damals noch zunächst auf die Malerei beschränkt. Wir kennen Bilder der
Schlachten von Marathon, Oenoö, Mantinea, Schlachten Alexanders. Sieges-
weihgeschenke in der Sculptur bestehen aus Gruppen von Portraits der Führer
und Bildern der Stammesheroen, untermischt mit wirklichen Göttern. An gleich-
zeitige Schlachten suchte man höchstens insofern zu erinnern, als man my-
thische Kämpfe der Heroenzeit darstellte, welche dem nachfolgenden Geschlechte
zum Vorbilde gedient hatten. Erst die längere und fest begründete Königs-
herrschaft durfte es wagen, menschliche Thaten denen der Heroen und Götter
gleich zu setzen. Aber auch sie that es noch mit Vorsicht. Auf den Thüren
des palatinischen Apoll standen die Gallier den Niobiden gegenüber, und die
Besiegung der ersteren erschien nicht als ein WVerk der Menschen, sondern des
Apollo selbst. Auf der Akropolis von Athen weihte zwar Attalos "die Nieder-
lage der Gallier"; aber auch sie hatte die marathonische Schlacht, die Kämpfe
der Amazonen und der Giganten zur Seite; und wer weiss, 0b nicht auch hier
den Göttern noch ein thätiger Antheil am Kampfe gewährt war, den Göttern,
welche in ihren Orakeln schon vor dem Siege den Attalos als raügoto ötorpsrpäog
qwikov vidv, als ravgiixeprov begrüsst hatten 1)? Wir können sogar nicht wagen
zu entscheiden, ob die Gruppe, zu welcher die erhaltenen Statuen gehören,
nicht ebenfalls die delphische von Gott gesandte Niederlage darstellte, um sym-
bolisch den späteren Sieg des Attalos zu verherrlichen. Die Beziehung auf den-
selben ward dem Beschauer durch den Anblick der scharf ausgeprägten Bar-
barengestalten nahe genug gelegt. Die präcise Durchführung dieses Typus
machte sie zu einem historischen Denkmale in weit engerem Sinne, als es bei
allen Darstellungen älterer mythologischer Begebenheiten der Fall sein konnte.
Die Aufgabe des Künstlers War also von Allem, was seine Vorgänger ge-
leistet hatten, wesentlich verschieden,- und demgemäss ist auch der Eindruck
seiner Werke, selbst wenn Wir von der Bedeutung und dem geistigen Aus-
drucke absehen und nur die äussere Erscheinung in ihrer Gesammtheit auf-
fassen, ein durchaus fremdartiger. Trotzdem aber bleibt in ihnen überall das
Wirken eines griechischen Geistes sichtbar. Um diesen scheinbaren Wider-
Paus.
Diod.