Die
Kunst
Diadochenlmeriode
Zerstörung
Korinths.
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werden. Allein, wie schon oben bemerkt ward, erlaubt gerade die Allgemein-
heit des Ausdrucks bei Plinius, an Werke verschiedener Art zu denken. Dabei
soll allerdings nicht geleugnet werden, dass wir für die Identität der von Pli-
nius erwähnten und der erhaltenen Statuen zwingende äussere Beweise nicht
besitzen, sondern nur auf negativem Wege zu einer Ueberzeugting gelangen
können. Sie beruht zuerst darauf, dass vor der Zeit der Diadochen die Wander-
züge der Gallier nach Griechenland und Kleinasien noch nicht begonnen haben.
Dass ferner ihre Niederlage bei Delphi durch statuarische Werke verherrlicht
worden sei, wird wenigstens nirgends berichtet. Nach Attalos war aber ihre
Macht in Kleinasien für lange Zeit gebrochen. S0 nähern wir uns der Zeit der
römischen Kämpfe in Gallien, und es fehlt auch jetzt nicht in Rom an Ver-
theidigern der Ansicht, dass auf diese, etwa auf die Siege Gaesars, die beiden
erhaltenen Kunstwerke zu beziehen seien. Allein sie urürden zunächst den Be-
weis zu führen haben, wenn auch nicht, dass gerade diese Siege in Statuen-
gruppen dargestellt, doch dafür, dass überhaupt Siege über barbarische Völker
in historischer Auffassung als lebendig bewegte Handlung und in runden Fi-
guren jemals von Römern oder für sie von Griechen gebildet worden seien.
Schlachtscenen in Relief sind allerdings in hinreichender Zahl bekannt; die
statuarischen Werke dagegen beschränken sich in allen uns noch erhaltenen
Resten auf die Personificationen von Provinzen, gefangene Könige, und einzelne
unter einander nicht durch eine bestimmte Handlung verbundene, sondern etwa
zum Schmuck einer Trophäe oder anderer Monumente gearbeitete Figuren.
Doch wir wollen diesen negativen Beweis nicht zu hoch anschlagen und viel- 448
mehr die wichtigsten Kriterien für eine Entscheidung im Styl und der ganzen
künstlerischen Auftassung aufsuchen, um aus ihnen zu beweisen, dass sich für
dieselben nirgends in der griechischen Kunstgeschichte, als in der Zeit der
Diadochen, eine passende Stelle finden lässt.
Wir gehen von dem einfachsten Satze aus, dass die dargestellten Per-
sonen nicht Griechen, sondern Barbaren sind, und zwar nordische Barbaren;
und fragen zunächst, ob wir einem ähnlichen Vorwurfe in der Geschichte der
Sculptur bereits früher begegnet sind? Die Antwort muss verneinend ausfallen.
Zwar hatte schon Ageladas kriegsgefangene Frauen unteritalischer Barbaren,
Onatas unter anderen auch den Japygierkönig Opis gebildet. Allein erstens
standen diese, obwohl sie Barbaren genannt werden, der Race nach doch den
Hellenen weit näher, als die nordischen Gelten. Sodann aber berechtigt uns
nichts zu der Annahme, dass in ihnen der barbarische Typus charakteristisch
durchgebildet worden sei. Besitzen wir nicht ziemlich aus derselben Zeit die
äginetischen Giebelstatuen, bei welchen es wegen der politischen Verhältnisse
besonders nahe gelegen hätte, die Troer als asiatische Barbaren zu bilden?
Und doch finden wir sie höchstens durch einige Aeusserlichkeiten des Gostüms
von den Hellenen unterschieden. Ein Paris von Euphranor aber, wenn er auch
vom Kopf bis zum Fusse in phrygischer Kleidung steckte, wird darum noch
keineswegs als eine den erhaltenen Gallierstatuen analoge Barbarenbilduing zu
denken sein. Gerade diese Trojaner, so wie die ebenfalls für ungriechisch er-
achteten Amazonen u. a. zeigen uns recht deutlich, dass die Künstler in der
Blüthezeit die Charakteristik in Aeusserlichkeiten suchten, um in der Körper-