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der Naturalismus das Uebergewicht gewonnen hat, bei Demetrios, da, begegnen
wir sogleich unter fünf Werken vier Portraits. Natürlich soll hiermit keineswegs
geleugnet werden, dass nicht auch sonst in dieser Periode von attischen
Künstlern vielfach Bildnisse gearbeitet worden seien. Nur mochten sie ent-
weder von Künstlern Lintergeordneten Ranges ausgeführt werden, oder sie hatten,
wie bereits bemerkt, und wie die Bildnisse aus dieser Periode oder deren Nach-
305 bildungen es augenscheinlich machen, durch ihre Auffassung Theil an dem
idealen Grundcharakter der attischen Kunst.
Blicken wir noch einmal auf die Schule des Myron zurück, so begränzt
sich uns das Verdienst derselben in hinlänglich bestimmter XVeise. Zum Gegen-
stande ihrer Darstellungen wählt sie nicht die erhabensten geistigen Ideen,
wie sie in den griechischen Göttern verkörpert erscheinen, sondern das mensch-
liche Leben in seiner lebendigsten Entfaltung. Aber auch innerhalb dieser
Aufgabe beschränkt sie sich wieder, und sucht nicht das Individuelle, sondern
das Allgemeine im Ausdrucke des Lebens auf: nicht den Ausdruck, wie er
sich in einem einzelnen Falle entwickelt hat, sondern wie er sich unter ge-
gebenen Voraussetzungen stets in derselben Weise entwickeln muss. Die
klare Erkenntniss dieses Punktes aber ist für das Verständniss der in der
nächsten Periode erfolgenden Entwickelung von höchster YVichtigkeit. Denn
auf dieser Seite suchte man, wie bemerkt, das Individuelle immer mehr
zum Allgemeinen, ich möchte sagen, abzuklären; auf der andern dagegen
musste man, nachdem die höchsten und allgemeinsten Begriffe in den Idealen
eines Phidias und Anderer erschöpft waren, das Bedürfniss einer grösseren
Individualisirung in den Götterbildungen empfinden; und erst so konnte durch
das Begegnen dieser zwei entgegengesetzten Bestrebungen eine neue Richtung;
entstehen, welche denjenigen Raum mit neuen Wesen bevölkert, welchen auch
die Mythologie zwischen Göttern und Menschen in der Mitte gelassen hatte.
Die niederen Götter und Daemonen, welche die Begleitung der höheren bilden,
und dem inneren Wesen derselben verwandt, aber in der Regel nur bestimmt
sind, dasselbe in einzelnen Richtungen scharfer zum Ausdruck zu bringen,
erscheinen jetzt auch auf dem Felde der bildenden Kunst in selbständiger
Gestaltung; und ähnlich verhält es sich mit der Darstellung einzelner Heroen.
Die Anfänge dieser weiteren Entwickelung beginnen bereits gegen das Ende
dieser Periode bemerkbar zu werden, wie ein Blick auf die YVerke des Kephi-
sodot, Xenophon und Deinomenes lehren kann. Was ausserdem noch mit-
gewirkt hat, die attische Kunst zu dieser Zeit uns in einer wesentlich verän-
derten Stellung zu zeigen, wird weiter unten in Betracht gezogen werden.
Argos. Es wird vielleicht aufgefallen sein, dass bei der Betrachtung;
306 der einzelnen Künstler aus der Schule von Argos nicht einmal der Versuch
gemacht worden ist, irgend einen derselben nach seiner künstlerischen Indivi-
dualität und seinem Verdienste darzustellen. Allein weder ist uns etwas von
ihren Werken erhalten, noch finden sich, von wenigen allgemeinen Lobsprüchen
abgesehen, in unseren schriftlichen Quellen bestimmte Urtheile über die eigen-
thümlichen Verdiensteides Einzelnen. Es bleibt uns daher nur zu versuchen
übrig, ob sich aus der Betrachtung der gesammten Masse dieser Künstler einige
besondere Kennzeichen für die nähere Bestimmung des Charakters dieser Schule