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Bildhauer
Plygiea auf der Akropolis Kunde haben, so müssen wir auf dasselbe die folgende,
bei Plutarch 1) und Plinius?) ziemlich gleichlautenrle Erzählmrg beziehen; Bei
dem Bau der Propylaeen stürzte einer der thätigsten und tüchtigsten Arbeiter,
nach Plinius ein Lieblingssklave des Perikles, als er über den Giebel klettern
wollte, von der Höhe herab und beschädigte sich dermassen, dass die Aerzte
an seinem Aufkommen verzweifelten, Da soll dem Perikles in seiner Be-
kümmerniss die Göttin im Traume erschienen sein und ihm als Heilmittel ein
an der Akropolis wachsendes und deshalb Parthenion genanntes Kraut 3) an-
gegeben haben, welches wirklich dem Arbeiter schnell und leicht zur Genesung
verhalf. Zum Danke dafür stellte Perikles der Athene Hygiea ein ehernes Bild
bei dem Altar auf, welchen sie, wie man sagte, schon früher auf der Akro-
polis hatte. Auf dieses Bild wird also die wiedergefundene Inschrift zu
beziehen sein. Dass in derselben nicht Perikles, sondern die Athener als
WVeihende genannt werden, darf darum keinen Anstoss erregen, weil Perikles
auch die grösseren Werke der Akropolis nicht in seinem, sondern im Namen
der Stadt weihete. XVenigstens liegt darin kein Grund zu der Annahme, dass
die Statue erst nach dem Tode des Perikles aufgestellt sein müsse. Dass end-
lich die Basis nur Raum für eine Statue gewährt, giebt uns nicht das Recht,
bei Plinius Hygiam Minervam für Hygiam et Minervam zu schreiben. Pausanias
spricht von Statuen beider; und Boss schliesst gerade aus der eigenthümlichen
Umgebung der Basis, dass in ihrer Nähe eine andere gestanden habe, welche
meiner Meinung nach eben so wohl für das Bild der Hygiea, als für den Splanch-
noptes des Styppax bestimmt sein konnte, von dem wir hier des Zusammen-
hanges wegen sogleich ausführlicher handeln wollen.
Styppax.
So, und nicht Stipax, ist der Name nach der Bamberger Handschrift des
Plinius zu schreiben, wie Bergk 4) nachgewiesen hat. Das Vaterland des Künst-
266 lers war die Insel Kypros, und sein Ruf gründete sich nach Plinius 5') vorzugs-
weise auf eine Statue, den sogenannten Splanchnoptes. Sie stellte einen Sklaven
des Perikles dar, der Eingeweide röstete und dabei das Feuer aus vollen Backen
anblies. Dieser Sklave aber sollte niemand anders, als jener von den Propylaeen
heruntergesttirzte Arbeiter sein. Denn am Schlusse der unter Pyrrhos mit-
getheilten Erzählung fügt Plinius hinzu: Hic est vernula cuius effigies ex aere
fusa est et nobilis ille Splanchnoptes. Die Ausdrucksweise ist sehr ungeschickt;
und wir würden an zwei verschiedene Statuen zu denken geneigt sein, wenn
nicht die Vergleichung der beiden Stellen des Plinius uns schweigen hiesse.
Dass jener Sklave nicht Mnesikles, der Architekt der Propylaeen gewesen
sei, wie Sillig vermuthete, hat bereits Boss ß) zur Genüge nachgewiesen. Aber
Was hat die Handlung der Statue mit dem Sturze des Sklaven zu thun? Bergk 7)
sucht diese Frage durch die Annahmezu beantworten: es sei die Hauptaufgabe
des Künstlers gewesen, jenen Arbeiter, der ein Unfreier war, in einer Weise
darzustellen, dass man sofort seinen Stand erkannte. Denke man sich nun nach
den vorhandenen Spuren vor dem Bilde der Athene des P_yrrhos einen Altar,
1) Per.
Kunstblatt
13.
1840,
3) Plutl
Ztschr.
4) Ztschr. f.
184.5, 969.
Altw
1847,