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Bildhauer.
Die
vorher, vollendet sein musste. Diese fällt aber in die 89ste Olympiade oder
Wenig später; und es erscheint daher die Vermuthung; Welcker's sehr wahr-
"248 scheinlich, dass das Beispiel des eben vollendeten Parthenon auch anderwärts
Nachahmung gefunden habe, wie in Olympia, wohin Phidias mit seinen Schü-
lern selbst ging, so auch in Delphi.
Ueber die Darstellungen selbst hat WVelcker (a. a. O.) ausführlich ge-
handelt. Doch ist er nicht im Stande gewesen, über die Vertheilung der Gom-
positionen mit Sicherheit mehr festzustellen, als dass Apollo, Artemis, Leto nebst
den Musen den vorderen Giebel einnahmen, während der Untergang des Helios
nebst Dionysos und den Thyiaden der Rückseite zuzutheilen sind. Ich be-
merke, dass auch hier der Gegensatz einer ruhigeren und einer bewegteren
Darstellung sich wiederfindet. In dem Chor des Euripides endlich hat Welcker
noch den Inhalt von fünf Metopenbildern angegeben gefunden, welche wir wohl
ebenfalls als Werke der genannten Künstler betrachten dürfen. Es sind: He-
rakles, welcher mit der Harpe die lernäische Schlange tödtet, wobei Iolaos mit
einer Fackel ihm Beistand leistet; Bellerophon, die Chimaera bezwingend; Pallas,
das Gorgoneion gegen Enkelados schwingend; Zeus, den Mimas niederschmetternd;
Dionysos, einen der Erdensöhne mit dem Thyrsos tödtend. Natürlich sind dieses
nur wenige Bruchstücke einer ganzen Reihe, welche vielleicht den Kampf der
Götter gegen finstere Erdlnächte und Kämpfe der Heroen zur Befreiung der
Erde von verderbenbringenden Geschöpfen als Grundthema behandelte.
Arbeiter am Fries des Erechtheum.
Die Figuren aus Marmor in hohem Relief, Welche den Fries des Erecl1-
theum schmückten, waren nach den noch vorhandenen Spuren und Besten ein-
zeln auf die Fläche desselben aufgesetzt. Die Composition des Ganzen musste
natürlich von einem einzigen Künstler entworfen sein. Dass dagegen bei der
Ausführung verschiedene Hände thätig waren, lehren die bedeutenden Frag-
mente der Baurechnung; welche nach und nach in der neueren Zeit entdeckt
und am vollständigsten von Stephani 1) publicirt worden sind. In derselben ist
unter andern auch der Lohn verzeichnet, welcher den Arbeitern für einzelne
Theile des Frieses ausgezahlt wurde. Ob dieselben freilich Wirkliche Künstler
oder nur geübte Marniorarlaeiter waren, vermögen Wir nicht zu bestimmen. Be-
kannte Namen finden wir unter ihnen nicht, wenn wir nicht einen Phyromachos
249 für identisch mit dem Pyromachos bei Plinius halten wollen, von welchem ein
Bild des Alkibiades auf einem Viergespann angeführt wird: denn ein Praxias
kann nicht der bekannte Athener sein, welcher vor Vollendung der Tempel-
giebel in Delphi starb, da der erhaltene Theil der Baurechnung sich auf das
zweite Jahr der 93sten Olympiade zu beziehen scheint. Wir theilen aus ihr
natürlich nur die Stücke mit, welche sich auf die Bildwerke des Frieses be-
ziehen, und tibergehen Alles, was die Arbeit an den einzelnen Theilen der Archi-
tektur betrifft. Die Hauptstelle findet sich zu Anfang des zweiten grösseren
Stückes bei Stephani, über welches auch Bergk?) gehandelt hat:
1) in den
987 flgdd.
Ann.
delF
Inst.
1843
286-
327.
der
Zeitschr.
Altn
184-5