Volltext: Die Bildhauer (Bd. 1)

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Die 
Bild] 
Aufmerksamkeit der Kunstforscher mehr auf sich lenken, als Alkamenes, der 
trotz aller Verdienste doch immer nur die zweite Stelle in einer schon be- 
gründeten Kunstrichtung einnahm. 
Agorakritos. 
Das Vaterland des Agorakritos war nach den übereinstimmenden Zeug- 
nissen der Alten die Insel Paros. Die Zeit seiner Thätigkeit ergiebt sich nur 
allgemein aus seinem Verhältniss zu Phidias: er war der Lieblingsschüler des- 
selben, und dürfen wir den Andeutungen der Alten Glauben schenken, so war 
die Zuneigung des Lehrers zum Theil in der körperlichen Schönheit des Schü- 
lers begründet. Ist nun sein Name durch diese Verbindung mit dem Meister 
zu hohem Ansehen gelangt, so hat andererseits gerade dieser Umstand seinem 
selbständigen Ruhm auch wesentlich geschadet. Denn es ging im Alterthum 
die Sage, Phidias habe dem Agorakritos mehrere ausgezeichnete Werke in der 
240 Weise zum Geschenk gemacht, dass er ihm erlaubt, seinen eigenen Namen dar- 
auf zu setzen. Daraus erklärt es sich, dass nur ein einziges Werk ohne Wider- 
spruch dem Agorakritos beigelegt wird: die ehernen Bilder der Athene ltonia 
und des Zeus in dem Tempel der Athene zu Koronea: Paus. IX, 34, 1. Ein 
Bild der grossen Gö tterm utter dagegen in ihrem Tempel zu Athen, welches 
Plinius (36, 17) ein Werk des Agorakritos nennt, wird von Pausanias (l, 3, 5) 
ohne Weiteres dem Phidias zugesprochen. 
 Noch grösser sind die Widersprüche bei dem Bilde der Neniesis von 
Rhamnus, welches, wenn ,es wirklich von Agorakritos war, für sein vorzüg- 
lichstes YVerk gelten muss. Pausaniasl) nennt auch hier wieder Phidias als 
den Künstler, eben so Hesychius 9), Pomponius Mela 3) und Solin 4), dessen Phi- 
diacae signum Dianae zu Rhamnus nur die Nemesis sein kann. Photius, Sui- 
das 5) und Tzetzes ü) nennen die Nemesis ein dem Agorakritos von Phidias in 
der erwähnten Weise geschenktes Bild. Plinius spricht nur von Agorakritos, 
und Zenobiusl) führt sogar aus Antigonos von Karystos die Inschrift an, welche 
sich auf einem Täfelchen an dem Apfelzweige in der Hand der Göttin befinden 
SOUiGI AFOPAKPITOE ITAPIOE EHOIEEEN. Strabo S) endlich schwankt 
zwischen Agorakritos und einem gänzlich unbekannten Diodotos, und bemerkt 
nur, dass das Bild an Grösse und Schönheit ausgezeichnet sei und darin mit 
den Werken des Phidias wetteifere. Alle diese Widersprüche lösen sich am 
einfachsten durch die Annahme, dass die Statue von Agorakritos, aber in der 
Werkstatt des Phidias ausgeführt ward.  Ausserdem hat aber dieses Bild zu 
noch anderen, zum Theil wenig glaublichen Sagen Veranlassung gegeben. So 
berichten Pausanias und mehrere Epigrammendichter"), es sei aus einem pa- 
rischen Marmorblocke gebildet, welchen die Meder in ihrer Siegesgeurissheit 
mit nach Marathon gebracht hätten, um daraus eine Trophaee zu errichten. 
Die Nichtigkeit dieser Sage hat bereits Zoägalo) mit EIltSßhiedenheit nach- 
241 gewiesen. Ferner aber erzählt Plinius, dass in Folge des Wettstreites, in welchem 
die Athener der Aphrodite des Alkamenes vor der des Agorakritos den Vorzug 
5) s. v. Palu-zl. 11'211. 
Avzözfgonl. 7) V, 82 
1") Abhand]. S. 62. 
1) I, 33. 3. 2) S. v.  Nväuevng. 3) H, 3. 4) c. 7. 
6) Chil. VII, 154 und epist. 111 der Küsterkcllen Ausgabe des Suidas s. v.  
S) IX. p. 396. 9) Anall. U, p. 202, n. 6; p. 51-3, n. 4; IH, p. 203, n. 2-37.
	        
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