Die
griechische
Kunst
ihrer
höchsten
Entwickelung.
geistigen
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Denn dass er vorzugsweise Erzbildner war, bezeugt auch Tzetzes, welcher ihn
XCtÄxovQydg nennt. In wie weit er dem Phidias in der Kenntniss der optisch-
perspectivischen Gesetze nachstand, ist bereits früher erörtert worden. Dass
er auf die formelle Durchbildung seiner Figuren grosse Sorgfalt verwandte,
können wir aus dem rühmenden Beinamen der einzigen von ihm angeführten
Athletenstatue schliessen. Doch bleibt auch hier dunkel, nach welcher be-
stimmten Richtung sich seine Studien bewegten. Selbst die Einzelnheiten,
deren Lucian bei der Aphrodite rühmend erwähnt, gewähren darüber nicht den
gewünschten Aufschluss. Es sind dieses die Wangen und die Ansicht des Ge-
sichts von vorn: rci iujÄo: xat öoa njg öipsoag dvrmnd, sodann die Spitzen der
Hände, der schöne Rhythmus der Handwurzeln, und an den Fingern die leichte
Bewegung und die Ausladungen in das Feine und Zierliche: xstpröv äxpa xat
xagnc-ir rö 513921341011 xocl. öaxrülcov 1d süciyroyov äg Äsnröv cfrrolijyov. Das erste
Lob ist ganz allgemein gehalten, ohne Angabe einer besonderen charakte-
ristischen Eigenschaft; das zweite bezieht sich, ausser auf eine besondere Zart-
heit in der Detailbildung der Hände, auf eine Eigenschaft, welche wir nach
unserer, bei Gelegenheit des Pythagoras aufgestellten Definition als plastische
Rhythmik bezeichnen können. Dieselbe lernen wir bei Alkamenes auch noch
durch ein anderes Werk, den Hephaestos, kennen. Denn, wie bei dem Phi-
loktet des Pythagoras die Wirkung der 'Wunde, so erschien auch bei dem Gotte
die Abweichung von der strengen Symmetrie, das Hinken, nicht als ein Fehler,
sondern als ein eigenthümliches Verdienst, indem es, ohne der Würde Abbruch
zu thun, dem Gotte zum besonderen Kennzeichen diente.
Der eigentliche Ruhm des Künstlers aber beruht auf seiner geistigen Ver-
wandtschaft mit Phidias. Er bildet, wie dieser, vor Allem Götter, und Pau-
sanias 1) weist ihm in dieser Beziehung (oogotag äg noiqow cäyaÄizcE-roav) geradezu
die zweite Stelle zunächst dem Phidias an. Ebenso sagt Quintilian 2), er be-
sitze, wie Phidias, die Eigenschaften, welche dem Polyklet abgehen, nemlich Kraft
und Nachdruck, welche für gewaltige Bildungen nothwendig sind. Ueber seine
geistigen Eigenthümlichkeiten indessen lässt sich aus Lobsprüchen, wie in primis
nobilis bei Plinius 3), Zusammenstellungen mit Phidias, Polyklet, Myron, Praxi-
teles bei Dionys von Halikarnass 4) und bei Lucian zu wenig schliessen, als
dass sie die Kenntniss seiner Persönlichkeit zu erweitern vermochten. Sie legen
nur Zeugniss ab für das hohe Ansehen, in welchem Alkamenes als ein den
Ersten ebenbürtiger Geist bei den Alten stand. Ja es mag sogar in seiner Ver-
Wandtschaft mit Phidias der Grund liegen, dass wir über seine Verdienste im
Einzelnen so wenig erfahren. Die Statuen eines Hephaestos, Ares, Dionysos,
Asklepios mochten für die Ausbildung des Ideals dieser Götter das Höchste ge-
leistet haben. Aber im Ganzen betrachtet, geschah dies immer in dem Geiste,
den Phidias erweckt hatte; es handelte sich dabei nur um die weitere Aus-
bildung einer gegebenen Richtung, nicht um die Begründung einer neuen, wie
es z. B. später bei Praxiteles der Fall War. Mag dieser letztere auch nicht ent-
fernt die Erhabenheit erreicht haben, welche der Kunst des Alkamenes, wie der
eines Phidias, eigen war, so musste er doch, weil neu und eigenthümlich, die
Dem osth
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