III.
griechische
in ihrer
Kunst
höchsten
geistigen
Entwickelung.
151
Statuen genuacht habe, sehe ich keinen Grund, um so weniger, als seine
Kunst gerade nach dieser Richtung hin sich bewegte. Denn zu seinen be-
rühmtesten NVerken gehören gerade einige Jünglingsgestalten und Llnter diesen
Vor allen:
Der Diadumenos und der Doryphoros: der erste, molliter iuvenis,
ein Jüngling von mehr weichen Formen, wie er sich die Binde um das Haupt
legt, der andere, virilitei" puer, ein kräftiger mannhafter Knabe mit dem Speer:
Plin. 34, 55. Von dem Diadumenos besitzen wir Wahrscheinlich noch einige
Nachbildungen, z. B. die Statue im Palast Farnese zu Roml), die Relief-
darstelllung auf einem Cippus im Vaticanischen Museum 2). Welcker?) be-
trachtet diese beiden Figuren als Seitenstücke in dem Sinne, dass sie die zwei
entgegengesetzten Lebensrichtungen der männlichen Tugend und der Ver-
weichlichung nach der Auffassung des gleichzeitigen Sophisten Prodikos dar-
stellten. Es fragt sich indessen, 0b der Künstler beide, um neben einander zu
stehen, gemacht habe. Später Wenigstens scheint der Diadumenos einzeln ver- 215
kauft worden zu sein, zu dem beispiellosen Preise von hundert Talenten, der
ihn bei den Laien besonders berühmt machen musste. Ueber die künstlerische
Bedeutung des Gegensatzes ist unten ausftihrlicher zu sprechen. Dort ist auch
zu untersuchen, 0b wir Welcker beizustimmen haben, wenn er 4) einen ähn-
lichen Gegensatz in zwei Werken des Polyklet verrnuthet, in dem schon er-
wähnten Herakles Ageter, und dem
Artemon, mit Beinamen Periphoretos: Plin. l. l. Das Alterthum scheint
unter diesem Namen und Beinamen zwei verschiedene Personen gekannt zu
haben, den von Anakreon erwähnten Weichling, der sich in einer Sanfte
herumschlelapen liess, und einen Mechaniker zu Perikles Zeit, welcher bei der
Beaufsichtigung des Baues seiner Kriegsmaschinen wegen seiner Lahmheit sich
ebenfalls herumtragen lassen musste. (S. über beide Plut. Per. 27).
Der Doryphoros wird gewöhnlich für identisch mit der berühmten Figur
gehalten, welche unter dem Namen Kanon bekannt war, weil die Künstler
von ihr, wie von einem Gesetze, die Grundregeln der Kunst ableiteten" : Plin. l. l.
Diese Ansicht scheint dadurch eine Bestätigung zu erhalten, dass nach Gicero
(Brut. S6) Lysipp die Statue des Doryphoros seinen Lehrmeister nannte und
an einer andern Stelle (Orat. 2, 5) derselbe Schriftsteller sie als das vorzüg-
lichste Werk des Polyklet hinstellt, wie den Zeus als das Meisterstück des
Phidias. Allein Lysipp konnte, Wie Thiersch (N. S. 119) bemerkt, gerade an
dem Doryphoros besonderen Gefallen finden; und, was die folgenden, freilich
nicht völlig, unzweideutigen Worte des Plinius anlangt: Polycletus diadu-
menum fecit idem et doryphorum viriliter puerum fecit et quem canona
artiiices vocant so scheinen sie ebenfalls auf zwei verschiedene Statuen hin-
zudeuten. Wir müssen nemlich Thiersch beistimmen, wenn er nach dem fast
manierirten Gebrauch des Plinius interpungirt: puterum. Fecit et quem
Denn gegen den Vorschlag Anderer, zu schreiben: fecit, quem et spricht
die Auctorität der besten Handschriften. Dass endlich bei dem Kanon nicht,
1) Müller u.
432. 4) Im R11.
136.
12:5
9) Beschreibung
flgd.
H11 S
Sehr