Die
griechische
Kunst in
ihrer
lsten
geistigen
Entwickelung.
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er eines der Werke des Phidias berührt: er habe clypeum oder Olympium
Athenis gemalt. Die erste Lesart hat die Auctorität der besten Handschrift für
sich; und einen guten Sinn giebt auch sie; denn wenige Zeilen weiter lesen
wir von Panaenos: clypeum intus pinxit Elide Minervae. Nur vermisst man
freilich ungern den Namen dessen, welcher den Schild trug". Wenn ich früherl)
an die Promachos gedacht habe, so nehme ich diese Deutung auf die Mahnung
Prellefs?) jetzt zurück, da allerdings Malereien an dem Schilde einer Statue
aus Erz schwer denkbar sind. Aber auch die andere Lesart Olympium, welche
lnan auf Malereien am Tempel des olympischen Zeus zu Athen bezogen hats),
bietet der Erklärung Schwierigkeiten. Dieser Tempel war zu Phidias Zeit nur
halb vollendet, und bewundert ward an ihm vorzugsweise die Grossartigkeit der
Anlage. Nun hätte freilich ein Theil, die Celle, Welche Raum für Gemälde dar-
bot, vollendet sein können. Allein darüber fehlen ausdrückliche Zeugnisse;
Wenigstens aber müsste nachgewiesen werden, dass in ihm vor der späteren
Fortsetzung des Baues Wirklich Handlungen des Cultus vorgenommen wurden.
Dazu kommt nun noch die bestimmte Ueberlieferung, dass der Bau aus Hass
gegen die Pisistratiden, welche ihn begonnen, liegen geblieben sei. Um dieser
Schwierigkeit zu begegnen, hat man zu einer weiteren Hypothese greifen müssen,
nenilich: nicht Hass gegen die Pisistratiden sei der Grund der Unterbrechung
gewesen, sondern die Besorgniss des Perikles, durch Förderung dieses Baues
ähnlicher politischer Bestrebungen verdächtig zu werden, wie die Waren, welche
Pisistratos verhasst gemacht hatten; Kimon dagegen habe noch ohne Hehl an
dem Baue fortarbeiten lassen. Wie dem auch sei, so viel ist klar, dass wir
nicht über Vermuthungen hinauskommen, und da für die Zwecke unserer Unter-
suchungen wenig darauf ankommt, so mag auch die Frage für jetzt unent-
schieden bleiben.
Nachdem wir die Werke des Phidias, soweit sie uns durch die Nachrichten
der Schriftsteller bekannt geworden sind, aufgezählt haben, wird man vielleicht
erwarten, dass wir zu einer Beschreibung der noch erhaltenen Werke übergehen,
Welche wir als seinem Geiste entsprungen, wenn auch nicht von seiner Hand
ausgeführt betrachten dürfen; wir meinen hauptsächlich die Sculpturerl des Par-
thenon, bei dessen Bau ja die Oberleitung von Perikles in die Hände des Phi-
dias gelegt war. Das Feld, welches sich hier der Forschung bietet, ist sehr
lockend, und eine gründliche Erörterung würde nicht abzuweisen sein, wenn es
sich hier darum handelte, eine Kunstgeschichte zu schreiben. Für eine Künstler-
geschichte nach den einmal festgesetzten Gränzen dagegen müssen wir die
Kenntniss dieser Werke im Allgemeinen voraussetzen, und können uns nur zu-
Weilen zur Bekräftigung dessen, was wir aus anderen Quellen ableiten, auf sie
berufen.
Wir versuchen jetzt die Verdienste des Phidias um die Entwickelung der
griechischen Kunst im Einzelnen nachzuweisen. Diese Aufgabe ist gewiss, wie
eine der lohnendsten, so auch der schwierigsten in der ganzen Künstlergeschichte.
Ueber die meisten der bedeutenden Künstler sind unsere Nachrichten weit spär-
Iicher, als über Phidias. Aber indem ihre Vorzüge mehr in bestimmten einzelnen
tcnlp
Amalthea
Hgd.