Volltext: Die Bildhauer (Bd. 1)

Einleitung. 
des Thatsächlichen gesellen sich aber bei ihnen häufig- noch Urtheile oder Winke 
über den Werth, das Verdienst der Künstler, über die Geschichte der inneren 
Entwickelung der Kunst. Wo uns nun die Anschauung von Originalwerken 
fehlt, da werden diese Urtheile die Hauptquelle unserer Erkenntniss, und selbst, 
wenn Gopien der Originale vorhanden sind, können sie sich häufig mit diesen 
an Bedeutung messen. 
Die Geschichtschreibung der griechischen Kunst muss durch diese Doppel- 
artigkeit ihrer Quellen in ihrer Methode wesentlich bedingt werden. In ihrer 
Vollendung wird sie allerdings Beides, Denkmäler und schriftliche Ueberlieferung, 
in ganz gleicher Weise in Betracht ziehen. Vorher aber ist es ihre Pflicht, auf 
jedem der beiden Gebiete einzeln die Thatsachen so weit festzustellen, als es 
nach der Natur des vorhandenen Materials möglich ist. Erst dann kann ohne 
Gefahr der Verwirrung die eine durch die andere erklärt, näher bestimmt, rich- 
tiger gewürdigt und schliesslich zu einer höhern Einheit verarbeitet werden. 
Dass das tiefere und feinere Verstandniss der Kunst und ihrer Geschichte 
uns vorzugsweise durch die Betrachtung der Denkmäler selbst erschlossen wird, 
ist bereits anerkannt worden. Aber gerade darum erscheint es vortheilhafter, 
mit der Erforschung des an sich Geringeren, den schriftlichen Nachrichten über 
die Künstler und ihre Werke, zu beginnen, und vor der Geschichte der Kunst 
eine Geschichte der Künstler aus diesen Quellen zu schreiben. Eine blosse 
Zusammenstellung des Materials jedoch darf selbst bei der besten Anordnung 
und kritischen Sichtung; des Einzelnen auf den Namen einer Geschichte noch 
keinen Anspruch machen. Eben so wenig ist dies der Fall bei einer frag- 
mentarischen Bearbeitung, welche einzelne bestimmte Gesichtspunkte, bestimmte 
Zwecke im Voraus festsetzt und das Material nur in so weit in Betracht zieht, 
als es durch diese Zwecke bedingt ist. Eine Geschichte der Künstler muss 
vielmehr die vollständige Sammlung sowohl, als die vollständige und gleich- 
rnässige Benutzung des gesammten Stoifes zur ersten Beding'u11g' machen, so- 
dann aber die im Einzelnen festgestellten Thatsachen nicht einem Systeme 
anpassen, sondern aus den Thatsachen das System herzustellen, den Ent- 
wickelungsgang nachzuweisen suchen. Wo aber zur Lösung dieser Aufgabe 
unsere Quellen ihrer Natur nach nicht ausreichen, darf dies nicht verhehlt wer- 
den; vielmehr ist mit Nachdruck darauf hinzuweisen, damit von anderer Seite 
der Versuch gemacht werden könne, die bestehenden Lücken auszufüllen. Uni 
nun zu dieser Erkenntniss zu gelangen, werden wir folgende Wege einschlagen. 
Zuerst ist die äussere Geschichte der Künstler ins Auge zu fassen. Durch 
chronologische Untersuchungen ist nicht nur die Zeit zu bestimmen, in welcher 
der Einzelne gelebt hat, sondern auch sein Verhältniss zu seiner Umgebung, 
seinen Vorgängern und Nachfolgern. Sodann muss die Angabe des Vaterlandes, 
der Lehrer, der Orte der Thätigkeit benutzt werden, um mehrere Kjinstler zu 
Gruppen, zu Schulen zu vereinigen, und deren "Verbreitung und Einfluss nach 
Aussen nachzuweisen. 
Zweitens sind die Nachrichten über die Werke der Künstler zu ordnen 
und zu prüfen, um daraus die eigenthümliche Richtung der Thatigkeit eines 
Künstlers oder einer Schule zu erkennen. Schon der Stoff, die Technik bieten, 
abgesehen davon, dass sie die erste Unterscheidung der Künstler in Bildhauer,
	        
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