LEBEN DES MICHEL
ANGELO BUONARROTI.
sie vollständig fertig. Da nun Papst Leo entschlossen war, diesen
Theil herzustellen, gedachte er dabei den Michel Angelo zu ver-
wenden, und da er nach ihm geschickt, liess er ihn einen Ent-
wurf machen, und zuletzt wollte er aus dieser Ursache, dass er
nach Florenz gehen und die ganze Last auf sich nehmen sollte.
Michel Angelo, der mit grosser Liebe daran gegangen war, das
Grabmal des Julius zu machen, leistete allen Widerstand, den
er konnte, indem er ainführte, er sei dem Cardinal Santi Quattro
und dem von Agen verpHichtet und dürfe es nicht an sich
fehlen lassen. Aber der Papst, der darin entschlossen war, ant--
wortete ihm: „Lass' mich nur machen mit ihnen, ich werde sie
zufrieden stellen." Als er nach den Beiden geschickt hatte, h_iess
er sie dem Michel Angelo die Erlaubniss geben, zum grossen
Leidwesen seiner und der Cardinäle, besonders dessen von Agen,
des Neffen, wie gesagt worden, von Papst Julius, denen aber Papst
Leo versprach, dass Michel Angelo in Florenz daran arbeiten
werde, und dass er es nicht verhindern wolle. Auf diese Weise
liess Michel Angelo weinend ab vom Grabmal und ging nach
Florenz, woselbst angekommen, er alles das anordnete, was zum
Baue an der Fagade nothwendig war, begab sich dann nach Car-
rara, um den Marmor herbeizuschaffen, nicht bloss zur Fagade,
sondern auch zum Grabmal, in der Meinung, er werde selbiges
fortführen können, wie es ihm vom Papste versprochen war.
Indess wurde dem Papst Leo geschrieben, dass es in den Bergen
von Pietrosanto, einem Castell der Florentiner, Marmorarten
gäbe von derselben Schönheit und Güte wie die in Carrara, und
dass, als man dem Michel Angelo davon gesprochen, dieser, weil
er Freund des Markgrafen Alberico sei und sich mit ihm ver-
stehe, lieber den Carrarischen brechen wolle, als jenen, der im
Staate von Florenz sei. Der Papst schrieb dem Michel Angelo
und trug ihm auf, dass er nach Pietrosanto gehen und nach-
sehen sollte, 0b es sei, wie man ihm aus Florenz geschrieben
hatte. Dieser nun, als er hingegangen, fand den Marmor schwer
zu bearbeiten und wenig tauglich, und selbst wenn der Marmor
tauglich gewesen wäre, so war es doch eine schwierige Sache
und sehr kostspielig, ihn an die Küste zu bringen, weil man
eine Strasse bauen musste durch die Berge, mehrere Miglien
weit mit der Haue und in der Ebene auf Pfahlwerk, da