LEBEN DES MICHEL
ANGELO
BUONARROTI.
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gesetzten Seite aufsuchen gehen, zwischen Bogen und Bogen
neun leere Räume lassend, je einen grossen und einen kleinen.
In dem kleinen sind zwei Leistchen scheinbar von Marmor,
die den Raum durchschneiden, in der Art, dass in der Mitte
zwei Theile und einer zu jeder Seite bleiben, worauf die
Medaillons gesetzt sind, wie es seines Orts gesagt werden
wird; und dies hat er gethan, um der Uebersiittigung_ auszu-
weichen, welche aus der Gleichmässigkeit entsteht. Demnach,
im ersten Raume der Decke von oben, der einer von den
kleineren ist, sieht man in der Luft Gott den Allmächtigen, der
durch die Bewegung der Arme das Licht von der Finsterniss
scheidet. Im zweiten Raum ist er, wie er die zwei grösseren
Leuchten schuf, als welchen man ihn mit ganz augestreckten Armevi
stehen sieht, mit der Rechten die Sonne berührend und mit der
Linken den Mond. Daselbst sind einige Engeleiiu in Gesellschaft,
deren Einer auf der linken Seite das Gesicht versteckt, sich an
seinen Schöpfer schmiegend, gleichsam um sich vor der Schäd-
lichkeit des Mondes zu schützen. In demselben Raume auf der
linken Seite ist wieder Gott beschäftigt, auf der Erde die Kräuter
und Pflanzen zu schaffen, mit einer solchen Kunst ausgeführt,
dass, wohin du dich auch wendest, er dir zu folgen scheint,
den ganzen Rücken zeigend, bis zu den Sohlen der Füsse, ein
sehr schönes Ding, das uns zeigt, was die Verkürzung ver-
mag. I_m dritten Raume erscheint in der Luft Gott der Herr,
gleichfalls mit Engeln, und betrachtet die Gewässer, ihnen be-
fehlend, dass sie alle jene Arten von Thieren hervorbringen
sollen, die dieses Element ernährt, nicht anders als er es im
zweiten der Erde befohlen hatte. Im vierten ist die Erschaffung
des Menschen, wo man Gott mit ausgestrecktem Arm und Hand
sieht, gleichsam dem Adam die Vorschriften gebend über das, was
er thun soll und was nicht, und mit dem andern Arm umfängt er
seine Engelein. Im fünften ist er, wie er aus der Seite des Adam
das Weib herauszieht, welche, hervorkommend mit gefalteten
und gegen Gott gestreckten Händen, sich mit süsser Geberde ver-
neigt, so dass es scheint, dass sie ihm dankt und er sie segnet. Im
sechsten ist der Dämon, von der Mitte hinauf in menschlicher Ge-
stalt und im übrigen als Schlange, der die Füsse in einen Schweif
verwandelt, sich um einen Baum windet, und indem er mit