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LEBEN DES MICHEI.
ANGELO BUONARROTI.
andern Geschäftenß Als aber der Gonfaloniere dies hörte, schickte
er um ihn und brachte ihn ab von dem Gedanken, indem er ihm
sagte: „l)ass er lieber zum Papste gehen und sterben wollte, als
zum Türken gehen und leben; dass er aber dies gar nicht zu
fürchten hätte, da der Papst gütig sei und ihn zurückverlangte,
weil er ihm wohlwollte, nicht aber, um ihm Uebles anzuthun;
und wenn er sich dennoch fürchte, so würde ihn die Signoria
abschicken mit dem Gesandtentitel, dieweil man einer sOlChen
öffentlichen Person keine Gewalt anzuthun pHege, die nicht
auch dem geschehe, der sie absendet." Durch diese und andere
Reden liess sich Michel Angelo bewegen, zurückzukehren.
XXXI. Während er aber in Florenz verweilte, ereigneten
sich zwei Dinge: das Eine, dass er den wunderbaren Carton"!
vollendete, den er für den Rathssaal angefangen, worin er den
Krieg zwischen Florenz und Pisa darstellte, sowie viele und
verschiedene Begebenheiten, die sich dabei zugetragen, durch
welchen höchst kunstvollen Carton allen Jenen ein Licht aufging,
1 Die hier vorkommende Nachricht berichtet wohl den altesten Versuch
der Ueberbrücktmg der Dardanellen in neuerer Zeit, den wir kennen. iMichel
Angele scheint sich mit Vorliebe mit solchen Projecten beschäftigt zu haben,
da er auch bei seinem Aufenthalte in Venedig auf den Gedanken kam, den
Canal der Giudecca zu überbrücken.
2 Vasari beschreibt im Leben Michel Angeltfs (pag. x78) den Cartnn
etwas ausführlicher, ohne den historischen Vorgang viel deutlicher zu be-
zeichnen, den Michel Angele tiargestellt hat. Gaye veröffentlicht (H. 92, (13)
Documente vom 31. October und 31. December 1504 und 20. Februar und
30. August 1505, betreffend die Bezahlung Michel Angeles, aus denen her-
vorgeht, dass in dieser Zeit der Carton fertig war und der Künstler Vor-
bereitungen trifft zur Ausführung in Mzflerei; wahrscheinlich wurde er durch
seine Reise nach Bologna verhindert, den Carton auszuführen. Michel Angeln
wählte eine Scene aus dem Kampfe der Florentiner gegen Pisa, in Welchem
im Arno badende Soldaten, die vom Feinde überrascht wurden, dargestellt
wurden. Der Carton ging in den Wirren des Jahres 1512 zu Grunde. Was
Vasari im Leben Baccin Bandinellfs über den Antheil desselben an der Zer-
störung des Cartons von Michel Angele schreibt, ist eine Vermuthung, keine
Thatsache. Einzelne Stücke kamen in den Besitz der Strozzi nach Mantua;
die Verhandlungen über den Ankauf derselben an den Grossherzog von
Toskana (um 1575) zerschlugen sich. Heutigen Tages ist nichts mehr von
diesem Carton übrig, als die Stiche von Marc-Anton und Agostino Veneziano.
Ueber eine Nachbildung des Cartons in englischem Besitze (dem
Schlossevin Holkham) berichtet Waagen.