LEBEN DES MICHEL
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zu weinen, als 0b ihm leid wäre, dass die Welt eines solchen Mannes
verlustig sei. Durch eine der Fronten, nämlich durch die, welche
auf der oberen Seite war, trat man in das Grabmal ein, in eine
kleine Stube, gleichsam in ein Tempelchen, in dessen Mitte ein
grosser Marmorsarg war, wo der Leib des Papstes beigesetzt
werden sollte: jedes Stück mit wundersamer Kunst gearbeitet.
Kurzum, an dem ganzen Werke gab es über 40 Statuen, ohne
die Historien im Halbrelief, aus Bronce gemacht und alle in
Beziehung auf den Vorwurf, wo man die Thaten eines solchen
Papstes sehen konnte.
XXVII. Nachdem er diese Zeichnung gesehen, schickte der
Papst den Michel Angelo nach St. Peter, um zu sehen, wo man
es bequemlich aufstellen könne. Es war damals die Gestalt der
Kirche in Form eines Kreuzes, an dessen Kopfende Papst Nico-
laus VJ angefangen hatte, eine neue Tribuna aufzuführen, und sie
iPapst Nicolaus V. hat den Neubau von St. Peter begonnen, und
zwar, den Traditionen des katholischen Kirchenbaues zufolge, mit dem Baue
der Tribuna. Den Neubau unternahm der Architekt Bernardo Rossellino, ge-
boren 140g, ein älterer Bruder des Bildhauers Antonio Rossellino. Als
Nicolaus V. im Jahre 14.55 starb, waren die Mauern der Tribuna 4 bis
5 Fuss über den Boden gestiegen. In diesem Zustande blieb der Bau bis zu
den Zeiten Julius lI., welcher Bramante zur Fortführung des Ncubaues berief.
Am 18. April 1506, also nach fünfzigjähriger Unterbrechung, wurde der erste
Stein des neuen Gebäudes zu jenem Pfeiler der Kuppel gelegt, auf welchem
jetzt die Statue der heil. Veronica steht. Bramante brachte bis zu seinem
15:4 erfolgten Tode nicht nur die vier Pfeiler fertig, auf welchen sich
die Bogen, die die Kuppel tragen, erheben, sondern auch den Anfang zu
den Tribunen des Mittelschitfes und des südlichen Querschiffes. Noch bei
Lebzeiten Bramantds war Giuliano da San Gallo zum Baumeister der Peters-
kirche ernannt. Von diesem San Gallo ist auch in dem 27. Capitel des
Crantliri die Rede. Dass Michel Angelo sich für Bramante's Entwurfe be-
geisterte, ist ebenso bekannt, als dass er sich später, als er zum Baue selbst
gerufen wurde, an die Grundideen Bramantds anschloss. v. Geymtlller
würdigt (a. a. Orte) in sehr eingehender und richtiger Weise die Verdienste
Bramantds um den Bau von St. Peter. „Vergleicht man auch nur die Ent-
würfe Bramante's mit den späteren des Giuliano da San Gallo, so wird
es Niemand dem Papste Julius II. verdanken, sich sogleich für den Bramantti-
schen Entwurf begeistert zu haben; es war ja ganz was Neues, eine Art
neue Welt für die damalige Baukunst, die sich plötzlich seinen Blicken
zeigte." Giuliano da San Gallo fand sich zwar etwas zurückgesetzt, als
Julius II. sich für Bramanttäs Entwürfe entschied, aber Julius II. entschied