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LEBEN DES MICHEL ANGELO BUONARRQJH.
wie das Volk gewöhnlich zu sagen pflegt s sei von schlechter
Vorbedeutung, sich bei Lebzeiten sein Gra mal machen zu lassenß
und andere derlei Märchen. Den Bra mte trieb dazu ausser
dem Neide auch die Furcht, die er v dem Urtheile des Michel
Angele hatte, der viele seiner Fehlerlaufdeckte. Weil Bramante,
wie ein Jeder weiss, aller Art voirVergnflgen ergeben und
ein grosser Verschwender war, und 3511m die Besoldung nicht
zureichte, die ihm der Papst gab, so gnoss sie auch war, so suchte
er an seinen Arbeiten zu gewinnen, indem er die Mauern von
schlechtem Materiale herstellte, auch nichwt fest und sicher ge-
nug im Vergleich zu ihrer Höhe und DickefjWelches ein Jeder
sehen kann an dem St. Peter-Gebäude nebenbßEgi Vatican, am
Corridor des Belvedere, am Kloster v0n-_S. Pietiiääcl-uviizrcu-la:
und an anderen von ihm errichteten Gebäuden, welche alle es
nothwendig war mit Dämmen und Strebepfeileiiii" neu zu_.,stützen
und zu stärken, weil sie entweder einfielen oder in kurzer Zeit
eingefallen wären. Da er nun nicht daran zweifelte, dass Michel
Angele diese seine Irrthümer kannte, so trachtete er immer,
1 Dieses Capilel ist ein deutlicher Beweis, wie nachhaltend in den mit
Michel rXngelo verkehrenden Kreisen der Groll gegen Bramante gewesen ist.
Bramante ist am 11. liliirz 1514 in Rom gestorben; es sind also Jahrzehnte
verflossen bis zu der Zeit, in welcher lCondivi das Leben Michel Angelds
geschrieben hat. Die Biographen RafaePs, Bramantds und Michel Angelds
beschäftigen sich vielfach mit den Differenzen dieser drei Künstler, über deren
thatsachliches Vorhandensein kein Zweifel obwalten kann. Wunderbar ist die
Sache nicht; sie sind zu allen Zeiten vorgekommen, in Hesiod's Tagen wie
in den unserigen. Bramante kam im Jahre 1499 nach Rom und leitete
die Berufung RafaeYs nach Rom ein. Seine Neigung zum glänzenden Leben
erwähnt auch Vasari (Vll. pag. 138). Noch bei Lebzeiten Bramantds war
Giuliano da San Gallo zum Baumeister der Peterskirche ernannt, nach
Giuliano da San Gallds Tode Fra Giocondo und Rafael. Auf ihren Rath
wurden die von Bramante zu schwach angelegten Pfeiler der Peterskirche
verstärkt, s. Vasari im Leben Fra Giocondds (IX. p. 160). Bunsen und
Platner, "Beschreibung der Stadt Rom", ll. 1, S. 137. Auch Serlio macht,
wie (Jondivi und Vasari, Bramante ähnliche Vorwürfe über den Bau der
Kuppel und der Arcaden des Belvederehofes. (Siehe darüber Geymül-
1er, "Notizen über die Entwürfe zu St. Peter in Rom", Karlsruhe
1863, insbes. S. 27 und 28). Gcymüller schreibt die Mängel bei dem
Baue von St. Peter dem Ungestüme des Papstes und dem Alter Bra-
mante's zu.