EBEN DES MICHEL
ANGELO
BUONARROTI
noch die alte Oberfläche desMarmors hervorschaut. Desgleichen
hat er bei einigen anderen gemacht, wie an dem Grabmale des Pap-
stes Julius II. bei jener Statuef die das beschauliche Leben dar-
stellt, was der Zug eines Meisters ist, der die Kunst beherrscht.
In dieser Statue aber erscheint er noch weit Wunderbarer, Weil,
abgesehen davon, dass er keine Stücke anfügte, es auch (wie
Michel Angelo zu sagen pHegt) unmöglich ist in der Bildhauer-
kunst, oder wenigstens sehr schwer, die Fehler der ersten Bear-
beitung auszugleichen. Er erhielt für dieses Werk 400 Ducaten
und vollführte es in 18 Monaten.
XXII. Und damit es keinen Stoff gäbe, der in die Bildhauer-
kunst fällt, woran er nicht Hand angelegt hätte, goss er nach
dem Giganten, von Pier Soderini, seinem Freunde, aufgefordert,
in Bronze eine Statue? in natürlicher Grösse, die nach Frankreich
geschickt wurde, und gleicher Weise einen David mit einem
Gcßiath darunter. Jener, den man inmitten des Hofes des Pala-
stes der Signoria sieht, ist von der Hand des Donatelloß ein in
1 Condivi erwähnt in diesem Capitel eines charakteristischen Zuges
der Technik Michel Angela's in der Behandlung des Marmors an jener Figur
am Grabmale Julius des 11., die unter dem Namen Rahel lwekannt ist. ln
dem Folgenden betont er das "ripatir" bei Bronzegegenständen, worunter
nicht die heute gepflegte Ciselirtechnik, sondern das Glätten der Metall-
nberliäche zu verstehen sein dürfte, xxielches den Bronzen der Renaissance
häufig eine reizende Wirkung verleiht.
"i Es scheint mir ausser Zweifel, dass Condivi hier nur von Einer
Statue spricht, einem David „sirniln1ente" wie der Gigantc, mit einem Goliath
.,sott0" offenbar unter seinen Füissen. Diesen David hat nach Condivi Michel
ßtngeltfs Freund Piero Soderini bestellt; er wurde nach Frankreich geschickt.
H. Grimm fasst in seinem „Leben des Michel Angele" (3. Aufl, Hannover
1868, S. 205) diese Stelle anders auf und meint, dass Condivi nicht einmal
sage, was die von Soderini bestellte Statue vorstelle. Mir scheint, dass Con-
divi deutlich spricht „e similmente un David col Goliat sotto". Auch die
von Gaye im 2. Bande des Carteggiti veröffentlichten Rechnungen sprechen
nur von Einer in Bronze gegossenen Figur des David. Die Statue wurde
bestellt 1502 und war 1508 im Gusse fertig, sie diente als Geschenk für den
Marechal di Gies. Sie kam nach Frankreich und ist heute ganz verschollen.
3 Der David von Donatello, der heute in der Loggia dei Lanzi steht,
befand sich zu CondivYs Zeiten in der Mitte des Hofes des Palazzo de
Signori. Die Gruppe des Donatello blieb dort bis zur Zeit des Grossherzogs
Cosimo 1., damals wurde der 1298 gebaute, von Micholozzo Michelozzi restnurirte
und decorirte Hof, im Jahre 1555, aus Anlass der Hochzeit des Grossherzogs