LEBEN DES MICHEL ANGELO
BUONARROTI.
Johannesl gemacht hatte) und ihn sehr schön fand, sagte er
ihm: "Wenn du ihn so herrichten würdest, dass er aussähe,
als ob er unter der Erde gelegen habe, so würde ich ihn nach
Rom schicken und er gälte für antik, und du Würdest ihn Viel
besser verkaufen." Da Michel Angelo dies hörte, richtete er ihn
alsbald so zu, dass er viele Jahre früher gemacht zu sein schien,
sintemal ihm kein Mittel des Talentes verborgen war. In dieser
Art nach Rom geschickt, kaufte ihn der Cardinal von San
Giorgio für antik um 200 Ducaten; Jener aber, der dieses Geld
in Empfang nahm, schrieb nach Florenz, es sollten dem Michel
Angelo 30 Ducaten ausgezahlt werden, als welche er für den
Cupido erhalten habe; so betrog er zugleich den Lorenzo, Sohn
des Pier Francesco, und den Michel Angelo. Wie es dann aber
dem Cardinal zu Ohren gekommen war, Welcher Streich in
Florenz gespielt worden, erzürnte er darüber, dass er der Gee-
foppte war, und sandte einen seiner Edelleute dahin ab, der, als
er angeblich einen Bildhauer zu gewissen Arbeiten in Rom
suchte, nach einigen Anderen dem Michel Angelo in's Haus ge-
schickt wurde; und als er den Jüngling sah, um vorsichtig die
Aufklärung zu erlangen, die er wünschte, ersuchte er ihn, ihm
etwas zu zeigen. Da er aber nichts zu zeigen hatte, nahm er
eine Feder (weil in jener Zeit der Lapis nicht im Gebrauch
war) und zeichnete ihm eine Hand mit solcher Anmuth, dass
dieser davon ganz betroffen war. Darauf frug er ihn, ob er jemals
ein Bilclhauerwerk gemacht; und als Michel Angelo antwortete ja,
und unter Anderem einen Cupido von solcher Gestalt und Stellung,
da wusste der Edelmann das, was er wissen wollte, und nach-
dem ihm die Sache erzählt worden war, wie sie sich zugetragen
hatte, versprach er ihm, wenn er mit ihm nach Rom gehen
Wolle, ihm den Rest auszahlen zu lassen und ihn mit seinem
Herrn zu versöhnen, was diesem, Wie er wisse, sehr angenehm
sein Würde. Michel Angelo darauf, theils aus Zorn, dass er be-
trogen worden, theils um Rom zu sehen, das ihm von dem
Edelmanne so sehr gepriesen wurde, als das weiteste Feld, auf
dem Jeder seine Fähigkeit zeigen könne, zog fort mit ihm und
wohnte in dessen Hause, nahe an dem Palaste des Cardinals,
1 Der hier erwähnte heilige Johannes ist ganz verschollen. Ueber den
Lorenzo di Pier Franccsco de Medici die" Stammtafel. Er starb 1503.