LEBEN DES MICHEL
AN GELO BUONARRO TI.
ein grösseres Vergnügen aber als dieses konnte man ihm nicht
machen. Das war der Anfang davon, dass er sich an dieses
Studium machte, das er dann fortsetzte, solange es ihm das
Schicksal gestattete.
XIV. Im Hause des Piero ging Einer aus und ein, Cardiere
geheissen mit dem Zunamen, an dem der Erlauchte viel Freude
fand, weil er zu der Laute wundersam aus dem Stegereif sang,
woraus er auch Profession machte, so dass er fast jeden Abend
"nach dem Essen etwas darin zum Besten gab. Dieser, als ein
Freund des Michel Angelo, berathschlagte sich mit ihm über eine
Vision, die eine solche gewesen ist: dass Lorenzo Medici ihm
erschienen sei in einem schwarzen Gewande und ganz zerrissen bis
auf's Nackte und ihm befohlen hatte, er solle seinem Sohne sagen,
dass er in Kurzem aus seinem Hause verjagt sein und nie wieder-
dahin zurückkehren Werde.- Es war Pier Medici so unverschämt
und anmasslich, dass weder die Güte seines Bruders, des Cardinals
Giovanni, noch die Höflichkeit und Humanität des Giuliano es
nicht so sehr vermochten, ihn in Florenz zu erhalten, als jenes
Laster, ihn davonjagen zu machen. Michel Angelo ermahnte ihn,
dass er den Pier davon unterrichten und den Auftrag des Lorenzo
ausführen solle, aber der Cardiere, der die Natur desselbigen fürch-
tete, behielt es bei sich. Eines andern Morgens, als Michel Angelo
im Hofraume des Palastes war, kommt der Cardiere ganz ver-
schreckt und verstört und sagt ihm neuerdings: diese Nacht sei
ihm Lorenzo erschienen in demselben-Kleide wie früher, und als
er erwachte und aufschaute, habe er ihm eine derbe Ohrfeige
gegeben, weil er das, was er gesehen, nicht dem Pier gemeldet
hatte. Michel Angelo zankte ihn darauf aus und wusste soviel
zu sagen, dass der Cardiere Muth fasste und stehenden Fusses
sich aufmachte nach Careggif einem Landhause der Medici,
an die drei Miglien von der Stadt entfernt. Aber als er fast
auf halbem Wege war, traf er den Pier, der nach Hause kehrte,
und, ihn aufhaltend, setzte er ihm auseinander, was er gesehen
und gehört. Pier machte sich lustig darüber und, den Dienern
l Die Villa Medicea di Careggi, in der nächsten Nähe von Florenz ge-
legen, ist von Cosimo il Vecchin nach den Plänen des Michelozzi Michelozzo
gebaut. Dort hielt die Platonische Akademie zumeist ihre Versammlungen.
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