ES MICHEL
ANGELO
BUONARROTI.
ich glaube) so genau gekannt zu haben wie ich, einerseits
von ihm Dinge gesagt haben] die nie geschehen sind, anderer-
seits viele der bemerkenswerthesten übergangen haben; zum
zweiten, Weil einige Andere, denen ich diese meine Arbeiten
mitgetheilt und anvertraut hatte, sich dieselben auf eine Weise
angeeignet haben, alsiob sie damit, wie wenn es die ihrigen
wären, sich Ehre einzulegen beabsichtigen. Deshalb, um der
Mangelhaftigkeit jener abzuhelfen und dem Unrechte dieser vor-
zubeugen, habe ich mich entschlossen, sie herauszugeben, so
unreif wie sie sind. Und hinsichtlich der Art, wie ich sie vor-
gebracht habe, dieweil meine Studien mehr auf das Malen ge-
richtet waren als auf das Schreiben; ferner die obgetiatinten
Ursachen mir keine Zeit lassen, selber dazu zu sehen oder mir,
wie ich es beabsichtigte, von andern helfen zu lassen, so werde
ich darob bei den verständigen Lesern leicht entschuldigt sein,
oder vielmehr kümmere ich mich gar um keine Entschuldigung
darüber, da ich kein Lob dafür suche. Und wenn mir dennoch
welches ertheilt wird, so bin ich zufrieden, dass es nicht dem
guten Schriftsteller gilt, sondern dem Heissigen und treuen
Sammler dieser Dinge, und ihm bestätigt, dass er sie aiufrichtig
gesammelt, sie mit Geschicklichkeit und grosser Geduld aus
seinem lebendigen Orakel geschöpft und schliesslich, dass er sie
Verglichen und bekräftigt habe durch das Zeugniss glaubwürdi-
ger Schriften und Männer. Mag ich aber ein noch so unbehol-
fener Schriftsteller sein, dafür wenigstens hoffe ich gelobt zu
werden, dass ich mit dem Theile: den ich jetzt herausgebe, so
gut als ich konnte, für den Ruf meines Meisters gesorgt habe,
sowie mit jenem, der mir übrigbleibt, für die Erhaltung eines
grossen Schatzes unserer Kunst, zu deren Nutzen ich ihn später
der Welt mittheilen werde, in sorgfältigerer Weise, als ich es
mit diesem hier gethan habe. Machen wir uns jetzt an das
Leben.
1 Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass diese Bemerkung sich in
erster Linie auf das Leben Michel Angelcfs in der ersten Ausgabe der Vite
des Vasari bezieht, sowie auch die bekannte Stelle in der zweiten [Xusgabc
Vasarfs, p. 160, Condivi trifft. S. über diese Frage den Excurs des Dr. A. llg.