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EICHENREDE
DES B.
VARCHI.
alle Gattungen Künstler begünstigte und unterstützte, insbesondere
die Architekten, Bildhauer und Maler. Ihm lag es im Sinne (was
später auch ausgegangen ist), dass die Horentinischen Talente
Diejenigen sein sollten, WClChC alle jene Künste nicht allein ver-
herrlichten, sondern deren höchste Vollendung wären. Damit sie
nun grössere Bequemlichkeit zu ihren Uebungen hätten und um
einen Nutzen zu erzielen, öffnete er ihnen seinen Garten auf dem
Platze von S. Marco, gleichwie eine Schule und Akademie, wo
sie unter der Aufsicht des Bildhauers Bertoldo, Welcher des
Donatello Schüler gewesen war, mit grosser Gemächlichkeit nach
den vielen und sehr schönen Antikaglien, mit denen der Garten
gefüllt war, die Einen zeichnen, die Andern meisseln konnten, je
nachdem es Jeglichem passender wäre. In diesem so beschatfenen
Garten wurde Michel Angelo, der noch Knabe War, von Francesco
Granacci eingeführt. Obwohl er nun erst im Jünglingsalter War,
nicht mehr als sechszehn Jahre zählend, und niemals weder
Spitzeisen noch Meissel angerührt hatte, entwarf er nichtsdesto-
weniger aus einem Stück Marmor, welches ihm die Arbeiter
überlassen hatten, um zu sehen, Was dieser Junge zu machen
verstünde, den Kopf eines antiken Fauns, welcher mit offenem
Munde zu lachen schien. Und er entwarf ihn nicht bloss, sondern
verbesserte ihn so sehr in einigen Stücken, dass der Magnifico,
welcher gleichsam wie ihr Meister oftmals hinging, um ihre
Arbeiten nachzusehen, wobei er sie zur Tüchtigkeit ermunterte
und anspornte, sich höchlich verwunderte. Und als Einer, der
viel Urtheil besass und von einziger Klugheit war, erkannte er
auf der Stelle die Grösse des Genius in jenem Knaben. Er liess
ihn von dem Vater erbitten und Wollte, dass er von jenem Tage
an sich in seinem Hause aufhalten sollte, und zog ihn, so lange
er lebte, stets an seine Tafel. Er hatte angeordnet, dass ihm
zu seinem Unterhalte monatlich fünf Goldgulden ausgezahlt
Wurden. Indem er allen mit königlicher Freigebigkeit Lohn
spendete, Weniger oder mehr, so Weiss ich nicht, soll ich ihn
einen bürgerlichen König oder einen königlichen Bürger heissen.
Einem so tretflichen und erhabenen Beginne entsprach auch
eine noch bessere Mitte und ein vollkommener Ausgang. Indem
sich Michel Angelo von dem grössten und weisesten Manne, der
damals gewesen, und vielleicht nie Wieder War, ich sage nicht