EICHENREDE DES B.
VARCHI.
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nicht anders preisen als mit dem Wort, dass sie von Michel
Angelo gemacht ist."
Auch lasse ich das Rundbild, worauf er für Agnolo Doni,'
der sich an derlei Kleinoden ergötzte, eine Jungfrau Maria
malte, die auf den Knieen liegt und ihren Sohn Jesus Christus,
unseren Erlöser, dem Joseph darreicht, der ihn mit Liebe und
unendlicher Heiterkeit empfängt. Im Hintergrunde dieses Rund-
bildes befinden sich zu grösserer Zier viele Nackte in verschiedenen
Stellungen; theils lehnend, theils aufrecht stehend, theils sitzend,
von so vieler Grazie und Lebendigkeit, dass unter seinen Tafel-
gemälden dieses für das schönste und vollendetste geachtet wird,
wie man es sehen kann in dem nicht minder zierreichen als
schönen Hause des Giambattista, seines Sohnes. Ich übergebe
das Gemälde in dem Saale, iwo er mit vielem Leben die Zu-
sammenlttinft Jupiters in Gestalt eines Schwanes mit der Leda
darstellte, sowie die Geburt der beiden Eier, LlLlTHLIS (wie die
Poeten fabeln) Castor und Pollux hervorgingen. Dies Bild
wurde für eine göttliche Sache angesehen. Ich übergebe auch
Alles, was aufVerlangen des Don Alfonso d" Estc, dritten Herzogs
von Ferrara, geschehen, wie es nichtsdestoweniger entweder aus
grossei- Unwissenheit oder geringer Achtsamkeit eines seiner
Beauftragten, der den Gescheidten spielen wollte, verloren ging
und dann durch den grössten und wahrhaft mächtigsten Francesco
Valesio (Valois), allerchristlichsten König von Frankreich zu hohem
Preise von Antonio Mini, Zögling des Michel Angelo, gekauft
wurde, dem es dieser zugleich mit zahllosen anderen verschiedenen
Zeichnungen und mancherlei Modellen aller Arten, welche eine
Welt werth waren, auf's Freigebigste zum Geschenk machte.
Unter diesen war eine sehr schöne liegende Venus mit feinster
Kohle für Bartolommeo Bettini, seinen Freund gemacht, und
ein wahrhaft göttlicher Christusf wie er zu Magdalena, die ihn
1 Dieses Gcihälde belindet sich in der Sammlung des Herrn Henry
Labouchere zu Stecke bei Windsor. S. Waagen „Art treasures in Grcat
Britain, London 1854, B. II, pag. 4.17, 418. Waagen war der Erste, welcher
dieses Gemälde als cin Werk des Michcl Angele bezeichnete, früher galt
es als Dom. Ghirlandajo.
2 Die hier erwähnten Zeichnungen Michcl Angelds erwähnt auch
Vasari, sowohl im Leben Michel Angelds, als auch in dem Jac. da. Pontormoä: