LEBEN D
ES MICHEL
ANGELO BUONARROTI.
mit seinen Werken ist er freigebig gewesen, sondern auch mit
seiner Börse hat er oft die Bedürftigkeit manches armen, der
Wissenschaft oder der Malerei Beflissenen Llnterstützt, wovon
ich Zeuge sein kann, da ich ihn gegen mich selbst so habe ver:
fahren gesehen. Niemals war er eifersüchtig auf die Bemühungen
Anderer, selbst nicht in seiner Kunst, mehr aus natürlicher Güte,
als wegen der Meinung, die er von sich hatte. Im Gegentheil
hat er überhaupt Alle gelobt, auch den Rafael von Urbino,
zwischen welchem und ihm es einst in der Malerei einen Zu-
samrnenstoss gab, wie ich erzählt habe, nur habe ich ihn sagen
hören, dass Rafael diese Kunst nicht von Natur aus inne hätte,
sondern durch langes Studium. Es ist nicht wahr, was Viele
ihm anhängen, dass er nicht unterrichten wollte, im Gegentheil,
er hat dies gerne gethan, und ich habe 'es an mir selber er-
fahren, als Welchem er sein jegliches Geheimniss eröffnet hat,
das zu dieser Kunst gehört, jedoch das Unglück hat gewollt,
dass er auf Subjecte stiess, die entweder wenig befähigt waren,
oder wenn sie es gewesen, nicht aingedauert haben, sondern,
sobald sie einige Monate in seiner Lehre gestanden, sich für
Meister hielten. Und wenngleich er dies gerne gethan, so war es
ihm doch nicht angenehm, dass man es wisse, Weil er lieber gut
handeln, als gut zu handeln scheinen wollte. Auch muss man
wissen, dass er immer diese Kunst auf adelige Personen übertragen
Wollte, wie es die Alten pflegten, und nicht auf plebejische.
LXVIII. Er hat das dauerhafteste Gedächtniss gehabt, so dass,
obwohl er so viele Tausende von Gestalten gemalt hat, wie man
Sie sieht,_er doch nie eine gemacht hat, die der andern ähnlich
wäre, oder dieselbe Geberde machte; im Gegentheile habe ich
ihn sagen hören, er ziehe nie eine Linie, ohne dass her sich er-
innerte, wenn er sie jemals gezogen hat, wo er sie dann aus-
löscht, falls es öffentlich gesehen werden soll. Er ist auch von
der mächtigsten Einbildungskraft, woher es erstlich gekommen
gehörte den Montmorencfs, denen Franz I. diese beiden Figuren zum Geschenke
machte. (Vasari l. c. pag. 277.) Gegenwärtig befinden sie sich im Louvre.
Gorz" führt in seinen Anmerkungen zu Condivi an, dass die Stelle am
Schlusse dieses Capitels: „volendo piü tosto fare, che parer di far bene"
einer Stelle des Sallust (Beil. Cat. B. LIV. 5) entnommen, in welcher bei
der Charakteristik Cato's das Wort Hesse, quam videri, bonus valebat".