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LEBEN DES MICHEL ANGE
EUONARROTI.
Vergnügen beschäftigt, als weil. er davon Profession machte,
indem er sich dabei stets herabsetzte und seine Unwissenheit
in diesen Dingen anklagte.
LXV. Er hat in ähnlicher Weise mit grossem Eifer, und
Aufmerksamkeit die heiligen Schriften gelesen, sowohl die des
alten als "des neuen Testamentesß nebst den Arbeiten Jener, die
sich um selbe bemüht haben, wie die Schriften des Savonarola,
gegen den er immer eine grosse Zuneigung gehabt, und von dem
ihm im Geiste das Andenken seiner lebendigen Rede geblieben
War. Auch die Schönheit des Körpers hat er geliebt, als Einer,
der sie auf das Beste keimt, und dermassen hat er sie geliebt,
dass dies gewissen fleischlich gesinnten Menschen, die keine
andere Liebe zur Schönheit begreifen, als eine lüsterne "und
schandbare, Ursache gegeben hat, von ihm Uebles zu denken und
zu sprechen, als ob Alkibiades, ein sehr schöner Jüngling, nicht
qual sia piü nobile la Scultura o la Pittura". Dass auch Nlichel Angeln
sich mit dieser Frage beschäftigt hat, wissen wir aus den ilnterredttngen,
welche nach einer Aufzeichnung des Francesco d'H0llanda Graf Razinski
veröffentlicht hat.
Seine Leichenrede auf den Tod Michel Angeles erhielt gleiche
Anerkennung. Sie wurde in der Kirche San Lorenzo abgehalten und erschien
zum ersten Male bei Giunti in Filorenz 1564..
Ausser B. Varchi hat noch ein Giovanni Maria Tnrsia eine Leichen-
rede gehalten, und ein Bildhauer, Benveßiuto Cennini, cittadino Fiorentino
beide mit Sonetten und Gedichten aus ähnlicher Veranlassung, getiruckt in
Florenz bei B. Sermartelli (1564), beide aber, ohne etwas zum Leben und
zur Charakteristik Michel Angclds beizutragen.
1 Michel Angelds Vorliebe für das alte und neue Testament und für
die Schriften Savonarola's bestätigt auch Vasari (l. c. p. 276) mit bezeich-
nenden Worten: "Dillettossi molto della Scrittura sacra, come ottimo cristiano
che egli era; cd ebbe in gran venerazione 1' opere scritte da Fra Girolaimo
Savonarola, per avere udito la v0_ce di quel frate in pergamo". Uebcr die
christliche XVeltanschauttng Michel Angelds und seine Stellung zur Kirche
weiss H. Grimm vom Standpunkte des modernen Protestantismus Vieles zu
erzählen, das auf heftigen Widerspruch Giustfs in seiner Ausgabe der Ge-
dichte Michel Angelds stösst. Ueber Savonarola von specifisch katholischem
Gesichtspunkte spricht Rio in seiner „l'Art chretien", Paris, 186i, B. ll,
p. 405-551, von historischem am Besten, ausser Rudelbach und Meier, Villari
in seiner „Storia di G. Savonarola", Firenze 1859, 2 Bde. Dass Savonarola
auf die politischen Anschauungen Michel Angelds von grossem Einflusse
gewesen ist, geht am deutlichsten aus der Haltung Michel Angelds in den
Kämpfen der Florentiner gegen die Stipretnatic des Hauses Medici hervor.