Volltext: Das Leben des Michelangelo Buonarroti

LEBEN 
DES MICHEL ANGELO 
BUONARROT 
zugehen pHegten, wogegen er an sie viele und viele Sonetten 
geschrieben hat, voll von Geist und süsser Sehnsucht. Sie 
verliess des Oefteren Viterbo und andere Orte, wohin sie 
zum Vergnügen und um den Sommer zu verbringen, gegangen 
war, und kam" nach Rom, durch keine andere Ursache dazu 
bewogen, als um Michel Angelo zu sehen, und er seinerseits hegte 
eine solche Liebe zu ihr, dass ich ihn habe sagen hören, es 
thäte ihm nichts so leid, als dass, wie er sie beim Scheiden 
von diesem Leben zu sehen ging, er ihr nicht auch die Stirne 
oder Gesicht geküsst habe, gleichwie er ihr die Hand geküsst. 
Ueber ihren Tod war er oftmals genug in sich verloren und 
wie von Sinnen. Er machte auf Begehr dieser Dame einen nackten 
Christusf der eben vom Kreuze ist abgenommen worden, welcher 
wie ein sich selbst überlassener todter Körper zu den Füssen 
der allerheiligsten Mutter hinfallen würde, wenn er nicht von zwei 
Engelein mit den Armen würde unterstützt wenden. Sie aber, die 
unter dem Kreuze sitzt mit einem thränenvollen und schmerz- 
lichen Gesicht, hebt beide Hände mit offenen Armen zum Himmel 
empor, und mit einem Spruche, der auf dem Stamme des Kreuzes 
geschrieben steht:  
"Nicht denkt man daran, was für ein Blut es kostet!" 
Das Kreuz ist jenem der Bianchi ähnlich, das in der Zeit der 
grossen Seuche im Jahre 1348 in der Procession getragen und 
dann in die heilige Kreuz-Kirche zu Florenz gestellt wurde. 
Er machte auch noch aus Liebe zu ihr eine Zeichnung zu einem 
1 Die Zeichnungen, die Michel Angeln für die Vittoria Colonna machte, 
sind verschollen, wohl aber werden Gemälde und Stiche angeführt, deren 
Compositionen auf die Zeichnungen zurückgeführt wertlenj insbesondere ein 
Stich von Marcello Venusti u_nd eine Madonna mit dem Lcichname Christi, 
gemalt von Seb. del Piombo, im Besitze der Sammlung von Blaise Castle 
(XVaagen Treasures, lll, pag. x88).  Der Vers: „non vi si pensa, quanto 
sangue costa" ist aus dem 29. Gcs. aus Dante's Div. Com. Paradies. ln einem 
im brittischen Museum aufbewahrten Briefe der Vitioria Colonna an Michel 
Angelo (s. Grimm l. c. llI. 34.0) spricht sie von der Zeichnung des Cruci- 
fixes, deren Condivi gedenkt. Sie schreibt an Michel Angelo: „Unico maestro 
c mio singolarissimo amico" mit Begeisterung darüber, nie habe sic gese- 
hen, und kann man sehen, ein besseres, lebendiger und vollendeter ge- 
machtes Bild  sie habe es bei Licht, mit dem Glas und mit dem Spiegel 
angesehen, „e non viddi mai la piü finita cosa".
	        
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