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Zur Natur und Geschichte der
ändischen Kunst.
Einfalt, aber mit der grössesten künstlerischen Schärfe; und
Alles dies, ungeachtet des meistens kleinen Maasstabes der
Bilder, in voller Wahrheit und Treue wiedergegeben, gehoben
und geadelt durch die Reize der Farbenbehandltlng und noch
mehr der Stimmung aller Töne zu vollem malerischen Ein-
klang. Dies sind tingefähr die Eigenschaften, durch welche
jene Meister ihren Werken einen so hohen und bis jetzt ein-
zigen Grad der Vollendung verliehen. In Bezug auf sie be-
wahrheitet sich in der That das Wort Goethe's:
"Macht doch die Liebe, die
Jegliches Kleine so gross!"
Kunst
Diese Künstler bedienten sich bei diesen ihren Darstellungen
häufig eines malerischen Gedankens, den schon ältere Meister
namentlich Pieter Lastmann hatten, der aber erst von
Rembrandt zur höchsten Vollkommenheit entwickelt und
durchgebildet wurde. Es ist der Gedanke, das Licht hoch
von einer Seite, fast immer der linken, einfallen zu lassen und
nur den mittleren Theil der Darstellung scharf zu beleuchten,
das Uebrige aber in Schatten, Halbschatten und den reichsten
TOHWCClISClLIHgCII einheitlich durchzubilden. Dieser Gedanke
ist unzählige Male wiederholt worden. Man kann seine Ent-
Wicklung und Durchführung z. B. in der Brattnschvveiger
Sammlung sehr glücklich an einer Folge bedeutender Werke
beobachten, von Lastmann, Bramer, Rembrandt, Moyaert,
Eeckhout, Ostade, Jan de Wet, Dusart, Sorgh, Brackenburgh
und Andern.
Der Abfall von dieser Höhe der Kunst macht sich nach
verschiedenen Seiten hin bemerkbar. Da nimmt man wahr,
dass an Stelle der völligen Unbefangenheit des Künstlers und
der naiven Wiedergabe des Gesehenen die bestimmte Bewusst-
heit und eine gewisse Absicht zu verschönern treten, ganz
ähnlich wie es in der vlämischen Schule bei einem Theile der
nach-Rubensschen Meister sich zeigt. Und wie man z. B.
besonders bei Van Dyck, im Vergleich zu Rubens selbst_
so oft die Absicht beobachtet, namentlich die Hände zu ver-
feinern und zu verschönern, so kann man ganz dasselbe z. B.
auch auf der „Bauernstube" von Bracke nburgh im Vergleich