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Zur Natur und Geschichte der
len Kunst.
ländiscl
hol
die treffend erfasst ist, glücklich angepasst. In Folge der
vielen tiefen und schwarzen Töne dienen die farbigen Felde
binden und die Federbüsche sehr zur Belebung, und das
Ganze macht immer einen ruhigen Eindruck, dessen Haupt-
gewicht allerdings in der uns so charaktervoll und meisterlich
vorgeführten Persönlichkeit beruht. Freilich überrascht die
Gleichrnässigkeit in der Darstellung aller dieser Persönlichkeiten;
dieselbe hat natürlich ihr Einförmiges und in gewissem Sinne
etwas Langweiliges, aber das ist gewiss eben auch charak-
teristisch, denn die Leute haben sicher selbst auch was Ein-
förmiges gehabt. Ausnahmen und Missgriffe sind darum nicht
ausgeschlossen, und manches räudige Schaf ist zwischen die
Heerde gekommen. Der Winterkönig von Böhmen, Friedrich
von der Pfalz, in dieser Art und Weise dargestellt, wie er im
Rathhause zu Delft auf einem Bilde des Mierevelt zu sehen
ist, zeigt sich da recht in seiner ganzen Unbedeuteitdheit. Lässt
man diese Ausnahmen auf sich beruhen, so muss man über
die lange Reihe dieser ernsten charaktersichern Männer doch
erstaunen. Das waren die Männer, die in den schwersten
Zeiten des achtzigjährigen Unabhängigkeitskrieges die Lanze
mit dem Freiheitshute und den Wimpeln, worauf „Aurea
libertas" stand, l) unbeirrt, stark und sicher aufrecht hielten:
es waren die, welche dem kleinen Volke Selbstgefühl und
Kraft gaben, es in seiner Eigenart und Eigenthümlichkeit
stärkten. Und so geben diese Werke eine Erklärung an die
Hand für manche wichtige Züge im Wesen des holländischen
Volksstammes, die wir in der Geschichte finden, denen wir in
Leben, Sitte und Sprache täglich begegnen.
In diesen Werken war nicht die geringste Spur eines
Strebens nach Styl und Klassizität, wie es gleichzeitig mit
Mierevelt und Ravesteyn Heinrich Goltzius und Corne-
lius von Haarlem noch verfolgten, mehr wahrzunehmen.
Ein ausschliesslicher Realismus, der mit vollem Bewusstsein jede
Nachahmung der Italiener unbedingt ablehnte, hatte sich hier
1) Siehe das Bildniss Wilhelm von Oranierßs, welches nach
M. J. Mierevelt von Pieter Tanje gestochen ist. (In Holzschnitt bei
Ch. Blanc und J. van Vloten).