Um die holländische Kunst richtig zu verstehen, wird man
Holland kennen müssen, nicht: bloss das Land in seiner
eigenthtimlichen Natur, auch das Volk in seinem Leben, seiner
Kultur, seiner Geschichte, seinen Eigenthümlichkeiten. Man
wird einen Zusammenhang zwischen dem Lande und Volke,
wie sie sind und geschichtlich wurden, und den Werken der
alten Meister linden. Wer jedoch nach solcher Belehrung
strebt, muss sich gewöhnt haben, die Dinge unter künstleri-
schem Gesichtspunkte zu betrachten, muss sein Auge für die
Züge der Schönheit in Natur und Leben geweckt, seinen Geist
für die Verknüpfung von Thatsachen, zum Zwecke der För-
derung höherer Wahrheiten, geübt haben. Einem solchen
Beobachter wird von Tag zu Tag die Erkenntniss deutlicher
und fester werden, dass zwischen den Kunstwerken, die er in
den Sammlungen sieht, und den Erscheinungen, die ihn sonst
in Stadt und Land umgeben, sowie den Ereignissen oder
Thaten, von denen die Bücher der Geschichte dieses Volkes
uns berichten, eine sehr innige Wechselbeziehung obwaltet,
deren Würdigung nach beiden Richtungen gegenseitig Auf-
schlüsse giebt und das Verständniss fördert.
Wenn man von holländischer Kunst redet, so ist dies fast
ganz gleichbedeutend mit Malerei; denn die holländische Kunst
ist im wesentlichen Malerei. Baukunst und Bildhauerei
haben in der Geschichte der holländischen Kunst nur eine
vergleichsweise sehr geringe Bedeutung, und die Denkmäler
beider, die noch vorhanden, sind hierfür sprechendes Zeugniss
und unmittelbare Bestätigung. Die anziehendsten und merk-
Würdigsten Bauwerke sind ohne Zweifel die Rathhäuser, welche