Otto Venius.
Spätere Akademiker.
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noch eine Spur seiner niederländischen Natunzeigt. _D1es
erscheint um so merkwürdiger, als er von Geburt ein Holländer,
aus Leyden stammend, war; aber es erklärt sich doch Iwleder
dadurch, dass er seine Vaterstadt im Alter von vierzehn
Jahren bereits verliess, dann im wallonischen Lüttich lebte
und mit siebzehn Jahren nach Italien ging, wo er fünf Jahre
Zubrachte. Mit klarster Absicht und festem Willen befolgte
er die italienische Kunstweise, und zwar mit solchem Erfolg,
dass seine Werke beinahe wie Arbeiten von Italienern aussehen.
So z. B. erinnert er in seinen im Museum zu Brüssel befind-
lichen Bildern schlagend an das eben da vorhandene grosse
Gemälde „Christus mit zwei Aposteln" des F rancesco Salviati
(N0. 284) derart, dass man versucht sein könnte zu glauben, er
habe sich dieses oder ein gleichartiges Werk zum unmittelbaren
Vorbilde genommen, oder wenn man nicht das Gegentheil
wüsste er habe dies Bild, das Salviatfs Namen trägt, selbst
gemalt. Hauptwerke von ihm besitzt das Museum zu Ant-
werpen. Wenn man nun auch alle seine Vorzüge und
Verdienste anerkennt, so kann man sich doch der Wahr-
nehmung nicht verschliessen, dass in ihm das Element des
Kalten und Studirten der Akademiker sehr gesteigert ist, und
dass bei ihm, als dem letzten bedeutenden Vertreter des
vlärnischen Akademienthums, die Nachahmung der Italiener
endlich zu demselben Standpunkte der Aeusserlichkeit und
Absichtlichkeit gelangt war, den die mittelalterliche Malerei
erreicht hatte, als Mabuse, Barend van Orley und Andere der
italienischen Bewegung die feste Richtung gaben. Sehr treffend
veranschaulicht in dieser Hinsicht die Art und den Standpunkt
des Otto Venius seine „Auferweckung des Lazarus" im Dom
zu Gent: ein recht gemachtes Kunstwerk, ohne Wahre Seele
und inneres Leben, aber ein sehr regelrecht, mit voller Kennt-
niss aller Theile der Kunst gemachtes Werk.
Otto Venius konnte sich bedeutender Erfolge rühmen, als
Künstler wie als Lehrer. Die akademische Richtung war von
neuem gestützt und sie setzte sich, wenn auch nicht frei von
rnanieristischen Rückfällen, sogar in Meistern fort, welche Zeit-
genossen von Rubens selbst waren und zum Theil diesen
überlebten. Dahin gehört W. Koeberger (etwa von 1561 bis