Volltext: Abhandlungen und Forschungen zur niederländischen Kunstgeschichte (Bd.1)

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Der geschichtliche Gang der niederländischen Malerei 
m sechszehnten Jahrh. 
Tigerin" in Dresden (N0. 834), WO er im Vordergrunde die 
Tigerin und die andern beiden Raubthiere sehr glücklich dem 
braunen Ton einverleibt hat, und wo am Himmel sich bereits 
neue Töne, namentlich röthliche Wolken zeigen. Auch in 
seiner schönen, schon sehr entwickelten Landschaft der „Heua 
ernte" in München (N0. 284) kommen sehr deutlich diese drei 
Töne vor. So stand Rubens auf den Ueberlieferungen der 
Schule, der er angehörte, aber er schritt in der Kraft seiner 
hohen Begabung mächtig weiter und entwickelte auch die 
Landschaft zu jener vollen und reichen Wahrheit, zu jener 
Freiheit in Auffassung und Behandlung, die wir an seinen 
späteren derartigen Werken, wie z. B. den grossen Stücken 
im Palazzo Pitti und in der Londoner National-Gallerie, be- 
wundern. 
Wie sehr jene [Jeberlieferungen aber die Schule beherr 
schten geht noch aus der Thatsache hervor, dass die drei Töne 
auch die Haltung figürlicher Darstellungen bestimmten, und 
dass es anderen Meistern, trotz des Vorganges von Rubens, sehr 
schwer oder unmöglich wurde, sich von ihnen zu befreien. 
In ersterer Hinsicht will ich auf das Beispiel des Hendrik 
van Balen (1560-1632) hinweisen, dessen Gemälde das Ge- 
sagte reichlich bestätigen. Ein ganz ausgezeichnetes Stück von 
ihm „die Entführung der Europa" in der Wiener Sammlung 
(I. Stock VII. N0. 55) kann geradezu als Muster, als Grund- 
typus der vlämischen Schule jener Zeit angesehen werden: 
doch geben auch schon seine beiden Bilder in Braunschweig 
(N0. 43415) eine genügende Anschauung der ganzen Art und 
Richtung. In der anderen Hinsicht verdient namentlich 
Lukas van Uden (1595-4662) Beachtung. Er ist zwar viel 
weiter entwickelt als die älteren Meister, aber er hängt doch 
fest und stark mit ihnen zusammen, so dass er, obwohl 18 Jahre 
jünger als Rubens, doch wie ein Vermittler zwischen der älteren 
und der späteren von Rubens eben zur Vollendung gebrachten 
Art erscheint. In Wahrheit aber dürfte die ältere Art ihm so 
fest im Fleische gesteckt haben, dass selbst der Vorgang von 
Rubens ihn nur allmälich und schwer von derselben los machte. 
Als ein Werk, in welcher er sich der freien Rubenschen Art 
mit Glück nähert, kann die grosse „Lanclschaft mit dem Braut-
	        
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