Zustand
1600.
nd schaftsmalerei
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Inanieristischen Ausschreitungen der ganzen Richtung; er ist
da äusserst übertreibend und unwahr.
S0 war der Stand der Dinge etwa gegen und um das
Jahr 1600 in beiden Zweigen der niederländischen Malerei so
ziemlich derselbe: die akademische Richtung war in einen
starken Manierismus übergegangen. In Holland nun half sich,
wenn man so sagen darf, die Natur selbst. Es standen dort, be-
günstigt durch die geschichtlichen Ereignisse, Maler auf, welche
alles Akademische bis auf die letzte Spur mit aller Entschieden-
heit von sich wiesen und, ihrem eigensten Triebe folgend,
ganz neue gesunde Bahnen betraten, indem sie sich ausschliess-
lich an die Natur und die Wirklichkeit hielten. In Brabant
aber entwickelten sich die Dinge nicht so einfach.
Ehe wir versuchen wollen dies darzulegen, scheint es an-
gemessen, einen Blick auf einen besonderen Zweig der Malerei
zu werfen. Mehrfach schon deuteten wir an oder sagten, dass
in beiden Schulen eine starke Gesundheit sich zeige, sobald
der Künstler unmittelbar der Natur gegenüber gestellt war, in
einer Weise, die keinerlei Aufforderung zur Stylisirung oder
etwas dem Aehnlichen enthielt. Darum sind die Bildnisse nach
dem Leben, die Darstellungen des Volkslebens so wahr und
oft so gediegen und trefflich. Aber auch für die Land-
schaftsmalerei, welche gerade durch die Künstler dieser
Zeit zu einer selbständigen Bedeutung erhoben wurde, erwuchsen
aus diesen Umständen grosse Vortheile.
Die landschaftlichen Gründe, welche in der Eyckschen
Schule an Stelle des alt überlieferten Goldgrundes feine so
ausgezeichnete Ausbildung erhalten hatten, empfingen nicht
selten seit Anfang des sechszehnten Jahrhunderts ein bedeutendes
Uebergewicht, derart dass der figürliche Theil des Bildes bis-
weilen nur die Staffirung der Landschaft wurde. Aber die
Gegenstände dieses figürlichen Theiles wurden noch geraume
Zeit der heiligen Geschichte entnommen, bis endlich auch hier
allmälich eine Aenderung eintrat und die Landschaft durch
Loslösung von den heiligen Gegenständen ganzselbständig
gemacht wurde. Jedoch zeigte sich die Phantasie, in der Auf-
fassung der Natur, noch erfüllt von den romantischen Vor-
stelllänlgen des Mittelalters: zerrissene Felsen, wilde Höhlen,
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