Der geschicl
iche Gang der niederländischen Malerei
im sechszehnten Ja!
Brügge bei Lanzelot Blondeel gelernt hatte, gab dem Sohne,
ehe derselbe zu Floris in die Lehre kam, die Richtung der
Kunstübung. Die zahlreichen Werke dieses Meisters in der
Gernäldesammlung der Akademie (N0. 13-21), wie in den
Kirchen zu Brügge sind zum Theil recht achtbare Arbeiten der
akademischen Schule. Ganz besondere Hervorhebung dürfte
in dieser Hinsicht das "Abendmahl" vom Jahr 1562, in der
Liebfrauenkirche beanspruchen. Zwar sind ja die Köpfe, in
denen ein idealer Styl angestrebt wird, ziemlich inhaltlos, be-
sonders der des Christus selbst, aber diejenigen, welche ein
individuelles Gepräge tragen, sind ausdrucksvoll, besonders die
gegen den linken Bildrand hin, und ferner ist die gesammte
Farbenhaltung, deren Charakter tief und saftig ist, nicht unbe-
deutend. Das ganze Werk zeugt von vielen Kenntnissen und
grossen Fertigkeiten?) Aber allerdings nicht alle seine Ar-
beiten stehen auf dieser Höhe. Es scheint vielmehr, dass er
in den späteren Jahren schon zu einer manieristischen Ueber-
treibung des Styles fortgeschritten war, wie das wohl sehr
treffend sein "Moses mit den Gesetzestafeln" im Haag (N0. 2.12)
darthun dürfte. Und andrerseits sieht man ihn wieder zum
alten strengen Styl zurückgreifen. Im Jahre 1583 malte er das
Bildniss des Schöffen Jakob van der Gheenste in Brügge,
welches jetzt das Museum zu Brüssel (N0. 267) besitzt; wie
schliesst er sich hier eng an die mittelalterliche Auffassungs-
art, wie streng ist bei aller Lebenswahrheit der Charakter
der Malerei, wie waltet noch die zeichnerische Behandlungs-
weise vor!
Der fruchtbarste und, wenn man will, der hauptsächlichste
unter den Schülern des Floris ist Martin de Vos (1531-
1603), von welchem das Museum zu Amwerpen 32 Stücke
ausschliesslich kirchlichen Inhaltes besitzt (N0. 71-103). Er
hatte sich in der Heimath wie in Italien reiche Kenntnisse
erworben und arbeitete. stets mit Tüchtigkeit und Ernst.
Allerdings sind seine Bilder hinter den im Vordergrunde dar-
1) Vergl. James Weale, Cat. du mus. de Pacadänaie etc. Brügge
186x. S. 34 fE und ders., Bruges et ses environs etc. Brügge 1875.
S. 142.