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Peter Paul
Rubens
Der
Meister und seine Kunst.
Weise zu eigen gemacht habe." Danach könnte es scheinen,
als ob Rubens bloss ein vlämischer Akademiker gewesen sei,
wie hundert andere auch, nur dass er mittelst seiner grösseren
Begabungen auch grössere Erfolge erreicht habe. Aber diese
Auffassung ist doch allzu einseitig und schief. Denn Rubens
befreite gerade die vlämische Kunst von der zur Fessel ge-
wordenen akademischen Gewohnheit, indem er sie ganz und
gar mit einer neuen, echt nationalen Lebenskraft erfüllte. Die
„gute italienische Art und Weise" hat für Rubens nur die
Bedeutung, ein Glied in der Kette von den Einflüssen und
Einwirkungen zu bezeichnen, welche die Ausbildung und
Entwickelung des grossen Meisters bestimmten. Aber freilich,
ohne dies Glied war die Kette nicht möglich, ohne Italien ist
Rubens nicht denkbar.
An dieser Stelle darf es wohl auch nicht unerwähnt blei-
ben, dass Rubens während seines Aufenthaltes in Italien sich
die italienische Sprache vollkommen aneignete. Er hatte
sie so lieb gewonnen, dass er Zeit seines Lebens nicht nur die
meisten seiner Briefe in derselben schrieb, sondern sich auch
unter Briefen in der vlämischen oder einer andern Sprache
„Pietro Pauolo Rubens" unterzeichnete. Allerdings ver-
schlechterte sich sein Italienisch später durch den häufigen
Verkehr mit Spaniern, und er nahm in dasselbe endlich auch
spanische Wörter und Wendungen auf. Dafür aber hatte
er wieder leidlich spanisch gelernt. Auch das Französische
scheint er ziemlich beherrscht zu haben und das Lateinische
blieb ihm fort und fort „sehr vertraut," fast täglich liess er
sich, während er malte, aus einem der römischen Schriftsteller
oder Dichter vorlesenJ) So bewährte er auch auf dem Ge-
biete der Sprachen seine hervorragende Begabung.
Als Rubens im Jahre 1608 zum dritten Male sich zu Rom
aufhielt, empfing er Ende Oktober die Nachricht von der
schweren Erkrankung seiner Mutter. Er brach ungesäumt
auf und reiste nach Antwerpen, wo er dieselbe jedoch nicht
mehr am Leben fand. Einmal wieder in der Heimath, hielten
ihn starke Bande daselbst zurück, und er gab den anfänglichen
De
Piles,
Vie
de
Rubens.