Jugend.
Aufenthalt in Italien
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zwischen gestorben war, zog die iÄfittwe mit ihren Kindern
nach dem alten Sitze der Familie, nach Antwerpen, zurück,
das als letztes Bollwerk der niederländischen Freiheitskämpfer
in Flandern und Brabant nicht lange zuvor gegen Alexander
von Parma gefallen war. Hier besuchte Rubens zunächst weiter
die Schule. Um sich in die Formen des feineren Lebens
einzugewöhnen, diente er dann der damaligen Sitte gemäss
eine Zeit lang der verwittweten Gräfin von Lelaing als Page,
aber dies Verhältniss war nicht geeignet ihn zu befriedigen,
vielmehr scheint es seinen künstlerischen Genius zum vollen
Selbstbewusstsein geführt zu haben. Mit Zustimmung seiner
Mutter genoss er zunächst der Anleitung des Landschafts-
malers Tobias Verhaegt und ging darauf zu Adam van
Noort in die Lehre. Nachdem er hier einige Jahre zuge-
bracht hatte, trat er bei Otto Venius in die Werkstatt, wo
er vier Jahre blieb. Im Jahre 1598 wurde er als Meister in
die Lultasgilde zu Antwerpen aufgenommen, und am 9 Mai
des Jahres 1600, noch nicht ganz 23 Jahre alt, machte er sich
auf, um nach Italien zu gehen. Hier entwickelte sich seine
grossartige Persönlichkeit zu voller Selbständigkeit, und als
er später dann zurückkehrte, war er ganz er selbst geworden,
der grosse geschichtliche Peter Paul Rubens.
Der Aufenthalt in Italien wirkte nach zwei Haupt-
seiten bildend und abschliessend auf Rubens ein: nach der
Seite des Stylistischen und des Koloristischen. Auf beide Ein-
Wirkungen war er genugsam innerlich und technisch vorbe-
reitet und beide nahm er mit völliger ureigener Selbständigkeit
auf. Dass in koloristischer Hinsicht die Venezianer, Tizian
und Veronese an ihrer Spitze, der Gegenstand seiner Bewun-
derung und seiner Studien waren, versteht sich von selbst.
Aber wie durchaus eigenartig er auch diesen grossen Vor-
bildern gegenüber blieb, lehren die Kopien, die cr nach Ge-
mälden Tizian's machte, und die sehr deutlich Hand und
Charakter von Rubens erkennen lassen. Ganz ähnlich ver-
hielt er sich den grossen Mustern des Styles gegenüber. Er
studirte die klassischen Meister und kopirte nach ihnen, ohne
sein eigenes Naturell zu verläugnen, wie das die merkwürdige
Kopie einer Tafel aus Mantegnals Triumphzug des Cäsar ganz