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gegangen war, erhalten werden sollen? Der neue Geist war
da, er verlangte seine Verkörperung, sein Kleid: und Niemand
füllt doch neuen Wein in alte Schläuche. Wenn man zugiebt,
dass ein Beharren beim Alten nicht möglich, oder wenigstens
dass doch eine solche Kunstübung, wie die Thatsacheit dar-
thun, ganz und gar ohne Lebensfähigkeit gewesen wäre: was
hätte denn geschehen sollen": Wie denkt man sich die Mög-
lichkeit einer anderen geschichtlichen Vermittelung zwischen
Quentin Massys und Rubens, zwischen Lukas von Leyden
und Rembrandt van Ryn? Sie ist undenkbar. Die einzige
Möglichkeit lagidarin, dass auch die niederländische Malerei
den nämlichen Weg einschlug, auf dem vor ihr die italienische
dahin gelangt war, den mittelalterlichen Styl abzustreifen und
zu freiester Entfaltung zu erblühen. Diesen Weg schlug sie
ein, als einen nothweitdigen, mit vollem Bewusstsein und in
klarer Absicht.
Wenn man den Denkmälern nicht glauben oder deren
Sprache nicht verstehen will, so wird rlTlElD doch die klaren
literarischen Zeugnisse gelten lassen müssen, wie sie ein Karel
van Mander hinterlassen hat. Man lese doch sein Lfehrge-
dicht über den „Grund der edlen, freien Malerkunst!" Die
Beispiele, auf die er sich fortwährend bezieht, sind fast ohne
Ausnahme der antiken und italienischen Kunstgeschichte ent-
nommen, seine ganze Darstellung strotzt von der klassischen
Gelehrsamkeit seiner Zeit. Und wie er itamentlich über den
Punkt dachte, der hier in Rede steht, so spricht er sich darüber
sehr oft aus, unter anderm mit "besonderer Klarheit in dem
„Leben des Lambert Lombardus," von dem er sagt: „Er ist
nicht umsonst und vergeblich in Rom gewesen, denn er ist
ein Vater unserer Zeichen- und Malkunst geworden, indem
er die rohe und ungeschlacht barbarische Weise hinwegge-
nommen und an deren Stelle die schöne antikische aufgerichtet
hatÜ") Im „Leben von Jan Schoreel" bemerkt Mander: dass
„die Italiener durch die ans Licht gekommenen antiken Mar-
mor" und Erzwerke zur rechten Art der Kunstübung gelangt
seien, während die Niederländer, trotz aller Stätigkeit und alles
Schilden
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