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Peter
Paul
Rubens:
Der Lebcnsabr
einem ruhigen Leben ihn veranlasst hatte, sich zurückzuziehen
und seine Familie hinzuführen.
Dort war es, wo unser Peter Paul Rubens im Jahre
1577 geboren wurde und wo er die Anfangsgründe der Sprach-
lehre und der schönen Wissenschaften erlernte; er that dies
mit soviel Neigung und Leichtigkeit, dass er in sehr kurzer
Zeit seine Kameraden übertraf. Er machte solche Fortschritte
und Leistungen über sein Alter hinaus, dass Rubens in Ant-
werpen, wohin seine Mutter, nach dem Tode seines Vaters im
Jahre 1587, zurückzukehren genöthigt war, seine Ausbildung mit
Lob (obwohl noch in zartem Alter) beendete.
Kaum hatte er die Schule verlassen, als seine Mutter ihn
der verwittweten Gräfin von Lalain als Pagen übergab: aber
da er sich nicht an das Lebengewöhnen konnte, welches man
gewöhnlich bei den Grossen führt, blieb er nur kurze Zeit da-
selbst; und da er dem Drange seines Genius, der ihn zur
Malerei hintrieb, nicht widerstehen konnte, setzte er es bei
seiner Mutter, die während der Kriege den grössten Theil
ihres Vermögens verloren hatte, durch, dass er zu einem Maler
in Antwerpen Namens Adam van Noort in die Lehre ging.
Er blieb einige Jahre da und legte den ersten Grund seiner
Kunstübung, was er mit solchem Erfolge that, dass er glücklich
war, zu erkennen, wie die Natur, indem sie ihn bildete, die
Absicht gehabt hatte, aus ihm einen grossen Maler zu
machen.
Er brachte darauf vier Jahre unter der Leitung von Otto
Venius zu, dem Maler des Erzherzogs Albrecht und dem
Appelles der damaligen vlämischen Schule. Da die nämliche
Neigung, welche beide für die Wissenschaften hatten, sie in
Freundschaft verband, so unterliess dieser Meister nichts von
Dem, was er wusste, seinem Schüler mitzutheilen; er entdeckte
ihm freimüthig alle Geheimnisse seiner Kunst und lehrte ihn
vor allen, die Figuren anzuordnen und die Lichter auf vor-
theilhafte Weise zu vertheilen. Endlich, nachdem er ihn in
kurzer Zeit bedeutend gefördert hatte und der Ruf dieses aus-
gezeichneten Schülers bis zu dem Punkte gelangt war, dass
man zweifelte, wer von beiden der geschicktere wäre, er oder
sein Lehrer, fasste Rubens den Entschluss, nach Italien zu