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Peter Paul
Rubens:
Geburtsort.
früherl) ganz rund und klar Siegen als Geburtsort anerkannt
hatte. Am ärgsten trieb es ein gewisser J. B. van Moll, der
unter dem Scheine einer geschichtlichen Darstellung die aben-
teuerlichsten und mährchenhaftesten Dinge erzählte?) Ihn
scheint sich so möchte man meinen übrigens F. Jos.
van den Branden zum besonderen Vorbild erkoren zu haben.
der in seiner „Geschiedenis der Antwerpsche schilderschoof"
hinsichtlich der vorliegenden Dinge schon einen ganz nied-
lichen Rubens-Roman zurecht gedichtet hatß)
In einem der Flugblätter las man alsdie letzte Frucht
aller Weisheit folgendes: „Heute Weisen die mit der ängstlichsten
Sorgfalt unternommenen geschichtlichen Nachforschungen und
Ltnwiderlegliche, in den Archiven attfgefundene Urkunden
siegreich nach, dass Antwerpen allein das Recht hat, Anspruch
auf die Vaterschaft des berühmten vlämischen Malers zu er-
heben. Den Herren Du Mortier und Genard kommt die
Ehre dieser endlichen und endgültigen Lösung zu."
Jedermann wurde jetzt gläubig, und wer noch zweifelte.
dem konnte erwidert werden, dass der berühmte Herr
Du Mortier, dieses langjährige Mitglied der belgischen Volks-
vertretung, alles untersucht und nachgewiesen, und dass der
eigene Stadtarchivar von Antwerpen sein Siegel darauf und
darunter gedrückt habe.
Mit edler Dreistigkeit schrieben denn auch Bürgermeiste r
und Schöffen. in die Welt hinaus: "Wir nehmen mit lauter
Stimme für die Stadt Antwerpen die Ehre in Anspruch, die
Wiege von Rubens gewesen zu sein!" Was konnte man
mehr verlangen! Und so wurde denn auch die Verblendung
eine völlig allgemeine.
Eine Sache, die nur eine wissenschaftliche und geschicht-
liche, aber an sich nicht die geringste sachliche Bedeutung
hat, wurde auf die Fahne der Antwerpetfschen Kirchthurms-
politik geschrieben, und mit Hintansetzung der otfenkundigsten
Wahrheiten und Thatsachen von der führenden Partei zum
1) Jahrgang 1861. S. 183.
Y) Pierre Paul Rubens. Antwerpen
3) Antwerpen. 1878-82; S. 360 H1