Rubensfeste im August 1877.
Die Antwerpener
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zwanzig verschiedenen geschlossenen Gesellschaften statt, als
da sind Reifenspiel, Billardspiel, Angeln, Bogenschiessen und
dergleichen mehr. Ich führe dies alles an, um zu zeigen,
welches der eigentliche öffentliche Charakter dieser zehntägigen
Rubens-Feste war, um zu zeigen, dass diese Feste im wesent-
lichen eine vlämische Kirmess waren, die man unter Anlehnung
an Rubens Namen ins Werk gesetzt hatte. Man wollte
Hunderttausende von Menschen nach Antwerpen locken, sie
da möglichst lange fesseln und unterhalten, und der Stadt die
grossen Vortheile eines solchen Besuches zuwenden. Dies ist
auch vollkommen geglückt.
Die Rubens Kirmess ist in glänzender Weise ver-
laufenl) Dank der geschickten NVendung der ganzen Sache,
die Rubens zunächst nicht als den grossen weltgeschichtlicheti
Künstler an sich, sondern als den weltberühmten Sohn Ant-
werperfs hinstellen und feiern wollte. Dies zog vollständig.
Antwerpen berauschte sich in diesem Gedanken. Jeder that
das Seinige zur Verherrlichung des Festes, Jeder, bis herab zu
dem Krämerweibe, das an seinen Karren, wo es papierne
Fähnchen und Windlichter feil bot, schrieb: „Hulde aan
Rubens." Die Zeitungen, Gelegenheitsschriften und Flugblätter
gingen natürlich voran, und haben das Ihrige gethan, um den
Leuten immer und immer wieder weiszumachen, dass Rubens
in Antwerpen geboren sei.
Ja, das „Journal des beaux arts" prahlte in seiner
Nummer vom 15 September 1877 sogar, dass es selbst, durch
den Genardlschen Aufsatz im Jahrgange 1875, „der Ausgangs-
punkt der neuen Verhandlungen" zu Gunsten Antwerpeifs
gewesen, dass ihm aber leider die Ehre dieses Vorgehens
überall vorenthalten worden sei, - obwohl derselbe Genard,
sche Aufsatz zur selben Zeit auch von der „Vlaamschen
school" veröffentlicht worden war, und obwohl das „Journal"
Eine ausführliche Beschreibung der Rubensfeste mit Holz-
Sßhnitten enthält die „V1aamsche school" 1877, S. 156 ff. 1878,
S. 13 ff. Vergl. auch das „Journ. d. b. arts" 1876, S. 17, 33 und
181 und 1877, S. 19, 79, 133, 157 und 165, sowie Th. Gaedertz,
Rubens und die Rubensfeier in Antwerpen. Leipzig 1878.
Riegel I. 14.