Vita Petri Pauli Rubenii
Dle Grabschrift.
-5
II
Es heisst daselbst: „Den uytnemenden vermaerden Schilder
Peter Pauel Rubbens iss tot Antwerpen A3 1577 den 28 Junij
gebohren u. s. w." Scheits hatte offenbar von der nicht längst
erschienenen „Vie de Rubens" noch keine Kenntniss und
nahm deshalb noch irrig Antwerpen als Geburtsort an.
Dies sind die älteren Nachrichten, die, namentlich was
R. de Piles betrifft, nicht gehörig beachtet wurden, wie aus
der folgenden Darstellung sich ergeben wird. Diese Dar-
stellung soll die geschichtliche Entwickelung der Frage nach
Rubens Geburtsort in möglichster Treue dem Leser vorführen.
Wir müssen nun zunächst zweier Mittheilungen gedenken,
die scheinbar aus den echtesten Quellen stammen, die bisher
als unbezweifelbare Urkunden und als wesentlichste Beweis-
stücke angesehen wurden, und die die Lösung der Frage
erheblich erschwert haben.
Die eine ist die „Vita Petri Pauli Rubenii", die ehe-
dem dem Freunde von Rubens, Kaspar Gevaerts, später
dem Neffen des Meisters, Philipp Rubens, zugeschrieben
Worden ist, die von Reiffenberg 1835 herausgegeben wurde
und die wir später noch eingehend würdigen müssen. S0-
gleich der Anfang dieser Schrift spricht klar und bestimmt für
Köln und das Jahr 1577; es heisst daselbst, dass der Vater,
Johann Rubens, Antwerpen verliess „seseque Coloniam
Aprippinam cum uxore et liberis recepit: ubi anno salutis
humanae 1577 natus est Petrus Paulus noster".
Die andere ist die Grabschrift in der Rubens-Kapelle
der Jakobs-Kirche zu Antwerpen, welche, wie man weiss, von"
dem genannten Freunde des grossen Malers, dem gelehrten
Gevaerts, verfasst war. Dieselbe sagt, dass Rubens am 30 Mai
1640 im Alter von 64 Jahren gestorben sei; danach ist er also
um das Ende des Monats Mai 1576 geboren worden. Diese
Grabschrift, wie man sie jetzt sieht, ist allerdings erst im Jahre
1755 gesetzt worden, sie erscheint aber ganz wie eine glaub-
würdige Urkunde und ist daher auch bis jetzt als beweiskräftig
angesehen worden.
Diese beiden Nachrichten aber, welche uns in mehr oder
weniger urkundlicher Form angeblich aus dem Kreise von
Rubens selbst übermittelt sind, widersprechen sich, hinsichtlich