Kunstgeschichtliche Beziehungen.
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dies, dass im Laufe von Wenig mehr als einem Jahrhundert
aus einer tapferen, kühnen und charaktervollen Nation eine
Gesellschaft von recht eitlen und steifen Philistern geworden
war. Und spiegelt sich hierin nicht die Geschichte Hollands
treffend ab?
Auch in rein kunstgeschichtlicher Beziehung sind diese
Werke die sprechendsten Denkmäler der Entwicklung, welche
die holländische Malerei genommen seit der Zeit, wo sie sich von
der Nachahmung der Italiener lossagte und die eigenen Wege
betrat. Ich habe schon die grosse überraschende Meisterschaft
in der Wiedergabe des Lebens und Charakters gerühmt, die
wir gleich von Anfang an antreffen. Diese Meisterschaft bleibt
die fast durchgehende Eigenschaft aller dieser Künstler;
natürlich erscheint sie bei dem einen glänzender als bei dem an-
deren, aber selbst noch von geringeren Talenten wird sie mehr
oder weniger sicher beherrscht. Die Wandlungen, welche die
vergleichende Betrachtung der Stücke lehrt, liegen in den
Eigenschaften der Malerei als solcher, in der Behandlung der
Farben, des Lichtes und Schattens, des Halbschattens, Hell-
dunkels und Tones. Von einer sorgfältigen und sauberen
Durchführung ausgehend, wird die Behandlung immer breiter
und breiter, bis sie in den letzten Werken des Frans Hals
die Grenzen des Möglichen überschreitet und Unmöglichkeiten
versucht. Hierneben ist aber auch der äusserste Gegensatz
dieser breiten Behandlungsweise, die Feinmalerei, die während
der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts in Holland auf
die Spitze getrieben wurde, nicht ohne Vertretung. Denn die
erwähnte "Beeidigung des Münstefschen Friedens" von Ger-
hard Terborch, sowie die "Sitzung der allgemeinen Stände"
tStaten Generaal), welche im Binnenhofe des Haag 165i
gehalten wurde, von Dirk van Deelen und Antonie Pala-
medesz im Museum des Haag (N0. 22), und vielleicht noch
das eine oder andere ähnliche Werk kleinen Maasstabs, welches
den Schütter- und Regentenstücken beigezählt werden darf,
bekunden diese Art der malerischen Behandlung. Später ge-
winnt dann eine mehr akademische Richtung wieder die
Oberhand, und die Malerei wird, wie die dargestellten Menschen,
glatt und charakterlos, wovon man sich beispielsweise an den
Riegel I. I,