Abweicl
mngen vom Typus.
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keinen andern Ausdruck als armseelig für die ewige Wieder-
holung dieses gedankenlosen Schemas.
Unter den wenigen einzelnen Versuchen, die gemacht
wurden, dem Regentenstück einen bestimmten Gedanken, einen
inneren Zusammenhang zu geben, dürfte das Gemälde von
Ferdinand Bol aus dem Jahre 1649 im Rathhause zu Amster-
dam (N0. 18) das anziehendste sein. Es zeigt vier schwarz
gekleidete Herren, die Vorsteher des Aussatzhauses Lepro-
zenhuis an einem mit einem persischen Teppich bedeckten
Tische sitzend, denen ein aussätziger Knabe durch einen
Diener zugeführt wird. Es ist dies ein recht artiger Vorgang.
Und da das Bild, sowohl was Charakteristik als was Malerei
betrifft, mit ausserordentlicher Meisterschaft ausgeführt ist, so
wird es allgemein als ein ganz vorzügliches Werk aus Bol's
bester Zeit oder gar schlechtweg als des Künstlers Hauptwerk
angesehen. Dennoch wird niemand in Bezug auf die Gestal-
tung der Aufgabe, so sehr diese auch immerhin hervorzuheben
ist, verkennen, dass sie die Tiefe und Kraft der "Anatomie"
bei weitem nicht erreicht. Ja, man muss zugeben, dass die
Abweichung vom Typus doch eigentlich nur eine unbedeutende
ist, und dass es keines besonders geistreichen Einfalles bedurfte,
um den aussätzigen Knaben da einzuführen. Aber dennoch
thut diese Abwechselung, diese Regung von Geist wohl.
Den nämlichen Gedanken hat später Wallerant Vaillant
aufgenommen in dem Gemälde von 167i, welches im franzö-
sischen Waisenhause zu Amsterdam hängt und drei Vor-
steherinnen dieser Anstalt, denen durch eine Dienerin ein
Waisenmädchen zugeführt wird, darstellt.
Bei solcher Eintönigkeit der Regentenstücke würde es
ermüdend sein, wollte man sie alle aufzählen oder gar be-
schreiben. Das Schema ist eben überall dasselbe, und die
Werke stufen sich lediglich nach dem Grade der Meisterschaft
ab, mit welcher die Persönlichkeiten erfasst und die malerische
Darstellung als solche ausgeführt ist. Hierdurch aber ist man-
ches derselben für die Entwickelungsgeschichte seines Meisters
von besonderer Wichtigkeit geworden oder es gehört geradezu
zu den Perlen der holländischen Malerei.
In jener Hinsicht ist beispielsweise das Regentensttick des