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Zux
Geschichte der Schütter-
und Regentenstücke.
als Ganzem einen bestimmten Inhalt, eine Handlung zu geben.
Die Aufgabe zwanzig, dreissig und mehr Personen in einem
Rahmen darzustellen, welche den anderen Malern so sichtbare
und unüberwindliche Schwierigkeiten darbot, ward gerade für
den grossen Meister der Anlass, zu bekunden wie sicher und
tief sein Genius auch den sprödesten Gegenstand erfasste.
Er nahm seine Schützen nicht tafelnd oder paradestehend,
sondern im vollen Aufzuge, als eilten sie fort, um einer
dringenden Gefahr zu begegnen vermuthlich angeregt durch
irgend einen bestimmten Vorfall, den er mit angesehen hatte.
Hierzu war ihm der Anlass leicht geboten.
ln Amsterdam bestand nämlich ein sehr gut eingerichteter,
umfassender nächtlicher Sicherheitsdienst, der theils von be-
sonderen Wächtern, theils durch die Schützen versehen wurde.
Während jene zu Zweien die ganze Nacht hindurch die
Stadt durchwandelten, hielten diese die Wachen besetzt und
machten auch Runden. Der Aufzug zur Wache erfolgte
Abends und zwar „ging er, wie von Alters her gebräuchlich,
in Reih" und Glied, von des Fähndrichs Hause aus nach den
einzelnen Hauptwachen," wie in einem Rathsberichte von
1696 amtlich erklärt wird. i) Seit dem Jahre 1650 pflegten in
dieser Weise von den damals auf 54 vermehrten Schützen-
Fähnlein zu je 150 Mann sogar "alle nacht zwo also 300
Mann auf die Wache zu ziehenfw) Diese Einrichtung, wenn
auch vielleicht in geringerer Stärke der Wachtmannschaft,
hat jedenfalls "schon 1642 bestanden, und es ist deshalb durch-
aus berechtigt, Rembrandts Bild mit derselben in Verbindung
zu bringen.
Es ist der Aufzug des Fähnleins vom Hauptmann Frans
Banning Cock zur Wache, oder, was wahrscheinlicher, es
ist der Aufbruch desselben während der Wache zur Begegnung
einer Unordnung oder Gefahr. Und da nun die ganze Licht-
und Schattenhaltung des Bildes etwas Nächtliches hat,
wenigstens beim ersten unbefangenen Anblick so ist der
1) KIVagcnaar. III. S.
2) Daselbst. I. S. 719.
3) F. von Zcesen etc.
176.
S. 381