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Kunst.
Nation und der
m Geiste der
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Bild der „Näherin" von Gerhard Dow darthut, welches die
Jahreszahl 1658 trägt. Ebenso schieben sich eine Zeit lang der
echteste Realismus, ein ausartender Naturalismus und die er-
neute Nachahmung der Italiener neben einander her. Ebenso
werden schon zeitig neben den Bildnissen verschiedenster Art,
die zunächst den Hauptinhalt der holländischen Malerei bildeten,
andere Stotfe gepflegt, bis diese dann nach der Mitte des Jahr-
hunderts das Uebergewicht erlangen; und zwar sowohl in
Folge der zahlreicheren Entstehung von Landschaften und
Gattungsbildern, wie in Folge eines stätigen Sinkens der Bild-
nisse in Hinsicht der Charakteristik wie des Vortrages. Bild-
nisse werden allerdings noch massenhaft angefertigt, und statt
der Schützenstticke werden die bürgerlichen Regentenstücke
Mode, aber der alte Geist ist nicht mehr in ihnen. Sie sind
nicht mehr die Denkmäler einer grossen Zeit der nationalen
Geschichte, wenn auch unter ihnen sich noch die Abbilder
hervorragender Männer, selbst verdienter Kriegsrnärlner, wie
de Ruytefs und Anderer, befinden; sie sind im Ganzen Denk-
mäler einer ruhigen Zeit, wo die benritteltei] Herren und
Frauen sich für die lhrigen abschildern liessen. Die Früchte
der blutig erlangten Unabhängigkeit des Landes und der kühnen
überseeischen Handelsunternehmungen waren gezeitigt. Der
Reichthum entwickelte sich in den holländischen Handelsstädten,
der Handel wurde ein blühender YVelthandel, der Reichthum
wurde die Grundlage des höheren gesellschaftlichen und
geistigen Lebens der Nation. Einen Maasstab zur Beurtheilung
des Umfanges und der Artung dieses Reichthums kann die
Thatsache liefern, dass die Bank von Amsterdam die bedeu-
tßljdeste der gesammten I-Iandelswelt war, und dass um die
Mitte des Jahrhunderts die Metallbestätide in ihren Kellern
dreihundert Millionen Gulden betragen. Das will doch für
ein kleines Land, das selbst jetzt kaum vier Millionen Ein-
wohner zählt, viel sagen.
Die_Malerei bequernte sich dieser Wandlung aufs engste
3D: Wenigstens so weit diese letztere auf heimathlichem Boden
selbst sich vollzog. Denn den Wegen des holländischen
Handels in die ferne Welt und die fremde Natur folgten die
Künstler nicht, und es ist eine sehr seltene Ausnahme, wenn
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