Volltext: Donatello, seine Zeit und Schule

STATUEN FÜR 
l)lE NIS CHEN etc. 
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Die älteste der Figuren Donatellds an dem Oratorium 
von Or San Michele scheint, ihrem Style nach, die Figur des 
S. Petrus zu sein, welche er im Auftrage der Fleischerzunft 
herstellte. Sie mag etwa um das Jahr 1403 erltStaflden sein. 
Auch hier sehen wir den über den Chiton geworfenen Mantel, 
der die Figur in reichen Falten umhüllt. Die gebogene Rechte 
legt der Heilige leicht an den Schenkel des rechten Beines an, 
auf welchem er ruht, während er mit dem linken, vom Mantel 
reich umhüllten, Arm sein Evangelium an den Leib lehnt; das 
linke Bein setzt er vor. Der Kopf schaut nach rechts. 
Es lässt sich an dieser Statue Manches aussetzen, wie die 
Grösse des Kopfes im Verhältniss zur übrigen Gestalt, die 
Kürze und Schwäche der Beine im Verhältniss zum Rumpf 
(ein Fehler, der öfters bei Donatello vorkommt), die etwas 
monotone und wahllose Diagonalrichtung der Mantelfalten von 
der linken Schulter nach der rechten Seite hinab (die hier in 
der That aus der Nachahmung feuchten Stoffes hervorzugehen 
scheint, ein Verfahren, das Rumohr, der sonst so ungerecht als 
möglich gegen Donatello ist, für diese Statue mit Recht an 
ihm rügen mag). Aber trotz solcher Mängel ist die Statue 
gleichwohl bereits vom Genie des jungen Donatello durch- 
drungen. Trotz der Verworrenheit ist das Gewand reich an 
feinem Naturgefühl; die Hände zeigen bereits ein Studium der 
Natur, wie es Giovanni d' Antonio darin nie erreichte; der 
Kopf zeigt einen hohen Grad von individueller Charakteristik 
im Ausdruck und eine vorzügliche, die Energie des Schädel- 
baues, wie die Weichheit des Fleisches und der Züge nach- 
bildende Marmorbehandlung. Der Kopf lebt! Es ist ein Wun- 
der, bis zu welchem Grade dem Donatello diese Gabe angeboren 
war, die feinsten Geheimnisse des Ausdrucks mit sicherer Hand 
darzustellen und dadurch ein täuschendes und zugleich poetisches 
Bild des Lebens zu geben. Donatello hat in diesem Kopfe wie 
in allen seinen späteren Ideal-Statuen wahrscheinlich das Por- 
trät eines Zeitgenossen genau wiedergegeben. Seit ihm datirt 
überhaupt diese Sitte bei den Bildhauern und besonders aber 
bei den Malern, wie er denn auf diese, wie wir später sehen 
werden, einen umwälzenden Einfluss ausübte. Wie vorzüg- 
lich lebendig sind schon die Haare an diesem Kopf be-
	        
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